DIE DREI LILIEN IN SOOß

Der kleine Ort Sooß bei Baden war in uralter Zeit eine feste Stadt mit Türmen, Mauern und Toren und deren Einwohner waren alle wohlhabende Leute, die einen reichen Handel trieben, bis eines Tages die ruchlose Tat eines vornehmen Kriegers der Herrlichkeit ein schnelles Ende machte.

Veste Rohr © Harald Hartmann

Alte Hausberganlage Veste Rohr
1529 zerstört
© Harald Hartmann, 2. Juni 2005

In der Stadt nämlich lebte damals ein Ehepaar, das drei wohlerzogene Töchter hatte. Der Krieger, dem die hübschen Mädchen gefielen, verlangte nun von ihnen heimliche Gunstbezeugungen, die ihm diese, weil sie tugendhaft waren, nicht gewähren konnten. Darüber heftig ergrimmt, nahm er nun die Töchter gewaltsam in sein Haus und als er sich ihrer erzwungenen Zuneigung sattsam erfreut hatte, ließ er die Unglücklichen zu Schmach ihrer Eltern in einem Brunnen der Stadt ertränken.

Brunnen in Sooß, Niederösterreich © Harald Hartmann

einer der drei Brunnen in Sooß
© Harald Hartmann, 2. Juni 2005

Als die Eltern das Geschick ihrer Kinder vernommen, stellte der rachedürstende Vater den Krieger heftig zur Rede und dieser ließ ihm dafür die Augen blenden, die Hände abschlagen und aus der Stadt werfen. Die bedauernswerte Mutter verfluchte den Krieger zur selben Stunde und derselbe wurde von dem aufständischen Volke in Stücke zerrissen.

Seit dieser Zeit geriet die Stadt in Verfall und verschwand in einem schwarzen Sumpf. In den drei Brunnen aber - die in Sooß noch heute bestehen - er blüht an jedem ersten Ostertage eine weiße Lilie, die dem Glücklichen, der sie erblickt, nur Glück und Segen bringt.

Brunnen in Sooß, Niederösterreich © Harald Hartmann

einer der drei Brunnen in Sooß
© Harald Hartmann, 2. Juni 2005


Quelle: Carl Calliano, Niederösterreichischer Sagenschatz, Wien 1924, Band I, S. 8