B. Versunkene Zeiten.
9. Von kunstfertigen Menschen und frohen Gesellen.
365. Die Kirche in Gaspoltshofen ist ohne Pfeiler erbaut. Als das Gerüst abgenommen wurde, machte man mit dem Baumeister aus: Hält das Gewölbe, so wird eine weiße Fahne ausgesteckt, ist es nicht standfest, dagegen eine schwarze. Der Baumeister begab sich auf ein Feld der Umgebung, um die Abräumungsarbeiten zu verfolgen. Die Kirche hielt. Aber aus böser Absicht oder aus Versehen wurde die schwarze Fahne ausgehängt. Der Baumeister floh von dannen und wurde nie wieder gesehen.
366. Dasselbe wird von der Kirche zu Rohrbach erzählt. Dort tat es dem Baumeister der neidische Polier an. Der Baumeister blieb verschollen, obwohl ihm in Rohrbach seine Braut nachtrauerte.
*367. Das Stögersche Gasthaus in Braunau war die Herberge der Wagner. Ein zugereister Wagnergeselle wettete einmal, er gehe bei aufgehender Sonne mit seinem Handwerkszeug in den Stadtwald, mache vom stehenden Holz ein Rad fertig und bringe es bis Sonnenuntergang in die Herberge. Die Wette wurde geschlossen. Der Geselle gewann sie. Zur Erinnerung wurde das Rad im Vorhaus angebracht.
Nach einer zweiten Fassung trieb der Geselle das Rad nach Altötting, wohin er sich versprochen hatte, und war anderen Tags vor Sonnenaufgang wieder in Braunau; nach einer dritten Fassung ist das Rad während der Fahrt auf einem Innschiff hergestellt worden.
368. 1827 wurde in Straß bei Naarn eine kleine Kapelle gebaut. Dabei war ein Maurer beschäftigt, der den ganzen Tag Pfeifen rauchte. Damals hatte man noch keine Pfeifenspitzel, sondern nahm das Rohr in den Mund, so daß die Pfeife waagrecht wegstand. Der Bauer Strasser, der ein berühmter Schütze war, konnte das nicht leiden. Von seiner Haustüre aus schoß er dem Maurer die Pfeife vom Mund weg. Über den Meisterschuß wurde lange gesprochen.
369. Bei einem Wirt in Eferding kehrte ein fröhlicher, junger Mann ein. Er nannte sich Rothart und sagte, daß er die weite Welt durchzogen und seine Gelehrsamkeit schon vor Kaiser und Königen gezeigt habe. Aufgefordert, etwas zum Besten zu geben, trug er dem Wirt eine Wette an, er wolle höher springen als das Haus. Gewinne er, so gehöre das Wirtshaus ihm, verliere er, so wolle er 50 Humpen vom besten Wem zahlen. Der Wirt war es zufrieden. Die Gäste standen neugierig im Kreis. Rothart sprang, doch durchaus nicht haushoch. Der Wirt glaubte nun, gesiegt zu haben, der Fremde aber sagte ihm: "Nun mag dein Haus springen! Hüpft es höher, dann habe ich die Wette verloren!" Er hatte die Lacher auf seiner Seite. Der Wirt aber wollte nichts wissen und drohte mit dem Gericht, schließlich vertrugen sie sich gütlich. Rothart, des unsteten Lebens überdrüssig, blieb als kluger Schaffner beim Wirt und wußte durch seine lustigen Einfälle bald viele Gäste anzuziehen. Als nach ein paar Jahren eine Seuche ausbrach und Rothart mitraffte, trauerte ihm der Wirt aufrichtig nach. Das Wirtshaus behielt den Namen "Zum Springerwirt". Es soll das Baumgartnerhaus an der Springwiese zwischen der heutigen Knabenvolksschule und dem Gasthaus Pühringer gewesen sein.
*370. Auf einem bewaldeten Hügel, etwa 200 Schritte von der Kirche von St. Georgen bei Tollet entfernt, besaß ein Schneider sein Häuschen. Hinter dem Hause hatte er in einem kleinen Stall eine Geiß. Eines Morgens lag sie verendet auf der Streu. Die bösen Zungen behaupteten, sie sei verhungert. Ein Spielmann, ein spottlustiger Geselle, der ihm schon manchen Streich angetan hatte, schnitt dem Tier den Kopf ab und befestigte ihn an einer Stange nahe dem Häuschen. Seither heißt der Hügel der Geißschädel.
Quelle: Oberösterreichisches
Sagenbuch, Hg von Dr. Albert Depiny, Linz 1932, S. 415 - 416
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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