B. Versunkene Zeiten.
5. Glockensagen.
159. Die große Glocke in Ried im Innkreis soll in Ried selbst auf der jetzigen Promenade gegossen worden sein. Die Frauen opferten zur Anschaffung der Glocke allen Schmuck.
160. Die große Glocke von Schöndorf-Vöcklabruck war früher bis Wels hörbar.
161. Die große Stiftsglocke von Schlägl soll man schon über die Mühlviertler Berge bis zur Linzer Brücke gehört haben.
162. Das herrliche Geläute der Kirche von Pfarrkirchen im Mühlviertel wurde drei Stunden weit gehört und erweckte den Neid der Linzer, sie ließen einen Nagel in die Glocke schlagen. Darauf geht das Sprüchlein:
Die Linzer Glock' hat mich verklagn,
weil ich so hell geläutet ham.
Drum hab'ns mir ein' Nagel gschlagn,
Daß ich nimmer so schön läuten kann.
163. Auch die Leondinger Glocke und die zu Maria Scharten bekam aus demselben Grund einen Nagel:
Die Linzer Glock' hat mich verklagt,
Daß ich so hell geläutet hab.
164. Die große Glocke von St. Agatha wurde trotz des Rauschens der Donau auf der Linzer Brücke gehört, deshalb erhielt sie einen Nagel.
165. Die große Glocke in Ostermiething hörte man bis Reitenhaslach in Bayern. Das war den Klosterherren dort nicht recht, deshalb ließen sie einen Nagel in die Glocke schlagen.
166. Die Glocken von Kefermarkt und von Rainbach klangen bis Freistadt und übertrafen das Stadtgeläute, deshalb wurden ihnen Nägel von den Freistädtern eingetrieben.
167. Die Glocke in Kirchberg bei Kremsmünster hatte einen herrlichen Ton, bis zur Zeit der Türkenkriege in sie etliche Münzen geschlagen wurden.
Nach einer anderen Überlieferung ließ ein Prälat in die Glocke einen Nagel schlagen, weil sie seine Stiftsglocken übertraf.
Dasselbe wird von der Kirche Pfarrkirchen bei Bad Hall erzählt.
168. Die große Glocke von Geiersberg im Jahre 1512 war bis zur Welserheide vernehmbar. Seit aber ein bayrischer Soldat im Bauernkrieg einen Nagel in die Glocke schlug, wurde ihr Ton abgeschwächt.
169. Die große Bertholdi-GIocke in Garsten sollte unter Kaiser Josef II. in eine Feuerspritze umgegossen werden. Die Erregung der Bevölkerung verhinderte es. Die Leute sagten: "Dö håma hergschafft, dö låssn ma net her!" Der Leimpichler, ein Zimmermann aus Pesendorf, stellte sich, mit der Hacke drohend, den Männern entgegen, die die Abnahme vornehmen wollten: "Wie's no an Ruck måchts, so hau i drein!"
170. Die Kirche von Goldwörth stand früher näher der Donau zu, durch eine Überschwemmung wurde sie weggerissen, die Glocken blieben und wurden auf Bäumen aufgehängt.
171. Ostermiething hatte einst fünf Glocken, die größte wurde aber zu Kriegszeiten gestohlen. Als man jedoch mit ihr über das Wasser fuhr, ging das Schiff unter.
Eine andere Überlieferung erzählt, daß die große Glocke, als sie von ihrem Gußorte nach Ostermiething gebracht werden sollte, mit dem Schiff in der Salzach unterging.
172. Die Zwölferin in der Stiftskirche in Kremsmünster soll früher die große Glocke in Steinerkirchen an der Traun gewesen sein.
173. Das kleine Glöckerl in der Filialkirche Mariahilf in Peuerbach soll früher im Schloß Brück gewesen sein und als Armesünderglocke verwendet worden sein.
174. Die Glocke in Rainbach war ursprünglich für Freistadt bestimmt, weil sie aber so innig "Roanbå" klagte, kam sie dahin.
Quelle: Oberösterreichisches
Sagenbuch, Hg von Dr. Albert Depiny, Linz 1932, S. 390 - 391
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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