11. Von Hexen und von Zauberei.
3. Vom Kreisstehen.
212. Wer in der Mettennacht Kreisstehen will, darf sich neun Tage vorher nicht waschen, kein Weihwasser nehmen und nicht beten. In der Dämmerung oder während der Christmette muß er sich an einen geeigneten Platz mit dem Gesicht gegen den Kirchturm stellen. Wo drei Wege auseinandergehen, drei Herrengründe aneinanderstoßen oder zwei Wegkreuze, auf denen die Leichen aus zwei Pfarren übers Kreuz getragen werden, ist der rechte Ort. Der Beschwörer muß mit einer Hasel- oder Felberrute einen Kreis um sich ziehen, oft heißt es auch, er müsse einen schwarzen Hahn bei sich haben. Nun erscheint der Teufel auf einem brennenden Heufachtel, das in den Kreis zu fallen droht, wilde Pferde und schwarze Hunde sprengen daher, Katzen drohen dem Mann ins Gesicht zu springen. Läßt er sich dadurch aus dem Kreis drängen, ist er verloren und dem Teufel verfallen.
213. Einen, der aus dem Kreis sprang, entführte der Teufel und richtete ihn so jämmerlich zu, daß er für sein Leben genug hatte. Andere verschwanden überhaupt spurlos.
In Sinzing wurde ein Kreissteher von den Leuten, die von der Mette heimkehrten, halb leblos aufgefunden.
Wer im Kreis stehen bleibt, erfährt die Todesfälle und Heiraten des ganzen Jahres. Aus den Häusern, wo Leute wegsterben, sieht er Bahren hinaustragen.
214. Beim Kriegnerkreuzstöckl in Enzenkirchen versuchte ein Wirtsknecht das Kreisstehen. Neun Tage hatte er kein Weihwasser genommen, drei Tage nicht gebetet und sich nicht gewaschen. Mit einer Felbergerte machte er einen Kreis und stellte sich zur Mettenzeit hinein. Auf einmal fing es im Walde zu schnalzen an, feurige Heufuhren kamen bedrohlich daher, eine Leiche wurde vorbeigefahren. Um ein Uhr war wieder Ruhe, zitternd ging der Mann heim. Im selben Jahre brannte das Wirtshaus ab und den Knecht erschlug es bei der Brandstatt.
215. Übermütige Burschen in Niederneukirchen gingen einst nicht in die Mette, sondern machten an einem Kreuzweg Kreise, in denen je zwei stehen konnten. Der Teufel fuhr in allerlei Schreckgestalten und unter fürchterlichem Getöse gegen sie. Trat ein Bursche aus dem Kreis, so war und blieb er sofort verschwunden. Erst um ein Uhr endete der Spuk, die übrig gebliebenen Burschen hatten genug vom Kreisstehen.
*216. In Bayern drüben brachte einmal der Teufel einen Beschwörer aus dem Kreis und holte ihn. Als die Leute von der Mette heimgingen, tobte ein solcher Sturm, daß sie zu ersticken fürchteten. Da hörte das Kreisstehen überhaupt auf.
217. Bei der Wegkreuzung in Hart bei Reichersberg wollte ein armer Bauernknecht den Teufel beschwören und von ihm Geld erlangen. Mit Kohle machte er einen Kreis auf den Boden, stellte einen Totenkopf mit gesottenen Geißmilchkräutern in die Mitte, trat selbst in den Kreis und sprach die Beschwörung. Er ließ sich aber vom Teufel herauslocken und verschwand.
*218. Beim Kreisstehen darf man dem Teufel nicht antworten und vor Mitternacht keinen Laut von sich geben. Ein Fleischer trat beim Kreisstehen aus dem Kreis und hielt auch das Schweigen nicht. Sogleich entführte ihn der Teufel und ließ sich nur durch vieles Bitten bewegen, statt seiner einen Hund anzunehmen. Als der Fleischer bald darauf starb, war der Hund wieder da.
*219. Einst standen drei Personen auf der Los. Einer davon, ein Fleischerknecht, sprang aus dem Kreis und wurde vom Teufel mitgenommen. Zwei Jahre mußte er vor dem Höllentor Wache halten und bekam nur Brot zu essen, worüber kein Kreuz gemacht worden war. Er sah fast lauter Herren zur Hölle wandern, wenig Bauern, sie trugen meist ein Stück Wasen auf dem Kopf.
*220. Ein anderer Mann, der absichtlich aus dem Kreis trat, um zu sehen, was nun geschehe, wurde vom Teufel entführt und zum Torwart am Höllentor gemacht. Nach drei Jahren entließ ihn der Teufel wieder an die Oberwelt. Da erzählte der Mann, daß er von seinem Platz aus den Weg zum Himmels- und zum Höllentor gesehen habe und daß zur Hölle mehr Menschen gewandert seien als zum Himmel.
221. Eine Frau aus Steinhaus wagte es, am Heiligen Abend auf dem Entenstein Kreis zu stehen, nachdem sie neun Tage zuvor früh und abends keinen Weihbrunn genommen hatte. Der Entenstein war dazu geeignet, weil hier drei Gemeindegrenzen aneinanderstoßen, er also ein Dreiherrensitz ist. Mit einem Haselnußstock machte sie einen Kreis und stellte sich hinein. Kaum hatte es 12 Uhr geschlagen, kamen aus allen Richtungen Teufel herbei. Der Oberteufel stellte Fragen an sie, die sie alle beantworten konnte. Da sie sich nicht aus dem Kreise drängen ließ, verschwand der Teufel wieder. Die Frau trat den Heimweg an, war aber ganz von Sinnen und wußte drei Tage nicht, was mit ihr geschah. Noch lange fürchtete sie bei jedem plötzlichen Geräusch mit einem Teufel zusammenzustoßen.
222. Der Huaderer Hansl in Desselbrunn versuchte einmal das Kreuzstehen bei der Hauslacke, weil dort ein Kreuzweg war. Ein großer schwarzer Hund rannte vorbei zum Prägartenzaun, blieb hängen und verschwand. Der Hansl war zum Glück nicht aus dem Kreis gegangen. "Na, mei Lebtag tat i dös nimma!" sagte er später.
223. Einem Burschen, der aus Übermut am Kreuzweg im Geißelholz bei Schlatt, dreiviertel Stunden von Schwanenstadt, Kreis stand, erschien um Mitternacht der Teufel und suchte ihn mit einer Schar von schwarzen Hunden, die die Zähne fletschten, aus dem Kreis zu jagen. Als sich der Bursch nicht schrecken ließ, fuhr der Teufel mit einer brennenden Heufuhr vorbei, die sich auf den Burschen zuneigte. Der Bursch rührte sich aber nicht und kam glücklich davon. Ganz ähnliches wird von einem Kreuzweg zu St. Laurenz bei Altheim erzählt.
224. In St. Martin im Innkreis ist einer in der Mettennacht Kreis gestanden. Der Teufel kam auf einem brennenden Fachtl Heu so nahe, daß ihn der Wagen fast erdrückte.
*225. In der schweren Franzosenzeit hörte ein Mann in Moosbach beim Kreisstehen in der Mettennacht über den Sagmüllerberg Hufschläge, Trommelschall und militärische Rufe. Sehen konnte er nichts. Bald darauf schwankte ein Fuder Heu, von vier Rappen gezogen, gegen ihn, er blieb aber fest und las im Kolomanibuch, das er in Händen hatte. Im folgenden Jahr fielen die Franzosen wirklich ins Land und kamen über den Sagmüllerberg nach Moosbach.
226. In der Dreikönignacht versuchten mehrere Auracher das Losenstehen in der Gstöttn. Sie zogen nach dem Aveläuten an einem Kreuzweg einen Kreis mit einer frisch geschnittenen Haselgerte und stellten sich hinein, mit den Händen bildeten sie eine fest geschlossene Kette. Nach einiger Zeit hörten sie in der etwa zehn Minuten entfernten Ortschaft Pranzing Musik spielen, wie bei einem Begräbnis. Bald darauf erkrankte dort eine Frau und starb.
227. Drei Burschen, die in der Gegend von Laakirchen Kreis standen, hörten einen Sarg zunageln und das Gebet: "Herr, gib ihr die ewige Ruhe." Wirklich starb ein Mädchen aus ihrer Ortschaft im nächsten Jahr.
*228. Ein Bauer hörte beim Losenstehn in der Mettennacht vom eigenen Haus her Beten und Singen. Er wußte nun, daß jemand aus seinem Hause sterben müsse. Er sagte es auch den Hausleuten, verbot aber, es seiner greisen Mutter mitzuteilen. Doch starb nicht sie, sondern er selbst im neuen Jahr.
*229. Kreis gestanden wurde einst auch, um Geld zu erlangen. Der Kreissteher mußte den Teufel abdanken, indem er die Beschwörungsformel schnell zurücklas oder -sagte. Einem Hausknecht gelang dies einst nicht und drei Tage und Nächte blieb der Teufel allen sichtbar. Ein alter, ehrwürdiger Priester beschwor ihn. Der Teufel warf ihm aber vor, daß er einen Federkiel gestohlen habe, der Priester gab es zu: "Aber nur, um damit das Wort Gottes zu schreiben!" Da entwich der Teufel brüllend und erregte ein starkes Gewitter.
*230. In der Mettennacht kann man sich einen "Wechseltaler" verschaffen, der das Geld nicht ausgehen läßt. Dies zu versuchen beschlossen einmal fahrende Schüler, die in einer Mettennacht in einem Mühlviertler Wirtshaus saßen. Einer von ihnen, den das Los traf, ging während der Mette dreimal im Friedhof um die Kirche herum, wie die Leute, die opfern, um den Altar gehen, aber in verkehrter Richtung. Das drittemal stand vor der Totenkammer ein Mann und fragte nach seinem Wunsch. "Brauchst du keinen Hasen?" war die Antwort. "Ja", erwiderte der Geist, "was kostet er?" "Einen Taler!" Er gab ihm den Hasen, den er in einem Sack bei sich hatte und erhielt dafür einen Wechseltaler.
Quelle: Oberösterreichisches
Sagenbuch, Hg von Dr. Albert Depiny, Linz 1932, S. 195 - 198
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, März 2006.
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