12. Die Trud.
1. Die Trud kommt in der Nacht oder gegen Morgen und legt sich auf den Schläfer. Man kann dann nimmer rufen und bekommt keine Luft.
2. Die Truden sind alte, häßliche, behaarte Weiber mit Plattfüßen und auseinanderstehenden Zehen. Zwischen elf und zwölf Uhr nachts drücken sie Menschen, die im Schlaf auf dem Rücken liegen. Man wehrt sich gegen sie durch Bannsprüche, durch das Trudenkreuz an Tür und Bett oder dadurch, daß man die Schuhe mit der Spitze nach außen unter das Bett stellt.
*3. Wenn die Truden nachts die Schläfer drücken gingen, lehnten sie den Körper an die Wand, die Seele fuhr aus dem Leib in das Haus und drückte den Schläfer so heftig auf die Brust, daß er fast erstickte. Wurde aber inzwischen der seelenlose Körper angerührt so fiel er tot hin, die Seele konnte nicht mehr zurück.
*4. Erwacht der von der Trud gequälte Mensch und nennt den Namen der Trud, so fällt ihr Körper, den sie draußen vor die Türe angelehnt hat, tot um, die Seele aber ist dem Teufel verfallen. Ein Knecht kam einmal spät abends heim und sah neben einer Türe ein ihm bekanntes Weib lehnen. Er rief sie an, da fiel sie sogleich tot um.
*5. Einen Bauer in Gilgenberg drückte alle Tage die Trud. Als Katze kroch sie über den Bettfuß hinauf und verhielt ihm den Atem, daß er weder sich rühren noch rufen konnte. Der Bauer hatte die Dirne in Verdacht und als es einst schneite, führten wirklich die Katzenspuren vom Fenster der Dirne zum Haus und wieder zurück. Einmal wollte er die Katze fassen, griff aber in die Luft. Da drohte er, daß es die Magd hören konnte, er werde sich an der Trud rächen. Sie ließ ihn nun einige Zeit in Ruhe, kam aber über die Pferde, daß sie ganz wütend wurden und sich losrissen.
*6. Auch ein Bauernknecht in Gilgenberg wurde von der Trud gedrückt und schleuderte sie von sich. Sie fühlte sich wie eine Katze an. Seither hatte der Knecht Ruhe.
7. Ein Knecht kam zu seiner Schwester, einer Bäuerin in Sankt Pantaleon, und schlief auf dem Heuboden, da kam etwas mit Krachen und Kremeln die Stiege herauf zu seinem Bett, legte sich schwer auf seine Füße und kam immer höher, es drückte und würgte ihn wie die Trud. Das geschah mehrmals. Er fing zu beten an, da drückte es ihn noch mehr. Wie er aber fluchte, konnte es ihm nicht mehr an. Als er einmal von Wildshut heimkam, da lief ihm etwas wie ein Hund mit feurigen Augen immer um die Füße herum.
Einmal blieb ein Rastelbinder auf dem Heuboden. Als das Gespenst kam, schlug er mit seinem Ranzen herum und fluchte greulich. Da war das Krachen vorbei und blieb von da an gänzlich aus.
8. Zu einem Bauer kam ein altes Weib, das eine Trud war, um etwas Schmalz. Die Bäuerin wies sie ab, die Alte aber sagte: "Ich werde euch die beste Kuh erdrücken!" Und richtig ging die beste Kuh ein.
9. Eine Bäuerin in Treubach war recht böse mit ihren Stiefkindern, dafür hat sie immer die Trud gedrückt. Einmal sah sie die Trud kommen und sagte: "Komm morgen bei Tag, ich gebe dir ein großes schwarzes Brot." Am nächsten Tag kam ein alter Bauer aus der Nachbarschaft, setzte sich still auf die Ofenbank und wartete. Die Bäuerin schnitt gerade Brot ab und trug ihm einen Scherz an. Zu ihrem großen Staunen nahm er ihn, obwohl er sonst nie Brot angenommen hatte.
*10. Einen Bauer in Feldkirchen im Innviertel drückte oft im Traum die Trud als vermummtes altes Weib. Einmal rief er ihr zu, sie könne am nächsten Tag sein Neunuhrbrot haben. Und wirklich kam am nächsten Tag um neun Uhr die Trud, es war eine Verwandte des Bauern.
*11. Ebenso riefen in Mining einmal die Leute der Trud zu: "Komm morgen Mittag, i gib dir was!" Sie legten ein Stück Weißbrot und ein Geldstück auf den Tisch. Zu Mittag kam richtig ein bekanntes altes Weib darum.
*12. In einem Bauernhaus in Riedlham übersahen sie es, einer Wöchnerin vor dem Aveläuten Weihwasser zu geben, daher konnte eine Trud das Kind gegen einen krüppeligen, geistesschwachen Wechselbalg austauschen.
Quelle: Oberösterreichisches
Sagenbuch, Hg von Dr. Albert Depiny, Linz 1932, S. 226 - 227
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, März 2006.
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