10. Von Versunkenen Stätten, von Schuld und Sühne.
1. Versunkene Stätten, gesühnte Schuld.
1. Wo Königsau steht, war einst ein Königsschloß. Es versank mit ungeheuren Schätzen in die Erde. Nur ein Sonntagskind kann sie heben, doch ist es bisher keinem gelungen. Vor vielen Jahren fand man im Torf eine Tür und einen Knochen mit einem silbernen Ring.
2. Auf dem steilen Ziehberg bei Nettingsdorf stand einst eine Burg. Die Herren, die hier hausten, waren so reich, daß selbst die Kette, an welcher der Brunneneimer hing, aus Gold war. Die Burg versank mit allen Reichtümern in die Tiefe, auch die goldene Kette war noch am Brunnen. Die Höhe, auf der die Burg stand, heißt der Schloßberg.
*3. Wo sich heute der Burgstall Steinberg in der Pfarre Rainbach bei Schärding befindet, ist ein Schloß versunken; früher wurde oft ein weißes Kalb gesehen, das auf dem Schloßgrund weidete.
4. Fast 2 Stunden von Liebenau entfernt dehnt sich nahe der niederösterreichischen Grenze ein Torfmoor aus, die Tannerau. An ihrer Stelle stand einst eine Stadt, versank aber plötzlich im Boden, nur ein Hahn flog davon und setzte sich in Griesbach auf den Turm. Zur Erinnerung haben sie dort statt des Turmkreuzes einen Hahn. Das eiserne Stadttor der versunkenen Stadt blieb stehen. Leute aus der Umgebung führten es auf einem Ochsenwagen weg. Als sie schon ein ziemliches Stück gefahren waren, konnten sie nicht weiter, ihre Mühe war vergebens, darum ließen sie das Tor einfach stehen. An der Stelle befinden sich zwei uralte Bauernhäuser, die noch den Namen Eisentorer führen. Ungefähr in der Mitte der Tannerau ist ein Stück festen Bodens, hier stand die Kirche der Stadt.
5. Am heutigen Rubener Teich bei Königswiesen stand einst eine Stadt; an einem Sonntag, während alle Leute in der Kirche waren, versank sie. Nur ein Hahn, der schon aus dem Stalle war, kam davon und flog auf den Kirchturm von Arbesbach. Leute, die in die Stadt wollten, fanden an ihrer Stelle eine weite Au. Ab und zu steigt sie aus der Tiefe empor. An einem solchen Tag kam gerade ein Halterbub mit seinen Rindern herzu. Er trieb das Vieh auf eine saftige Weide, auf der es gerne blieb und ging neugierig in die Stadt hinein. Nirgends sah er Leute. Auch die Kirche, in der er ein Gebet verrichten wollte, war verschlossen. Da kniete er vor der Tür bei einem Kreuz nieder und betete. Wie er aufstand, sah er Kohlenbrocken auf dem Boden liegen. Er dachte: "Hier kann ich die Kohlenbrocken nicht liegen lassen, denn sie werden zertreten und der schwarze Staub wird in die Kirche getragen. Deshalb steckte er sie in die Tasche, um sie anderswo wegzuwerfen. Plötzlich war es ihm, als riefe ihm jemand von seinen Leuten, er lief zu seinen Rindern, die noch ganz ruhig grasten. Daheim wollte ihm niemand sein Erlebnis glauben, er griff in die Tasche nach den Kohlenstücken, die waren zu Gold geworden. Sogleich liefen die Leute zur Stelle, wo er die Stadt gesehen hatte, fanden aber nichts mehr. Sie war und blieb seither verschwunden.
6. An der Stelle des heutigen Mattsees befand sich einst eine große, schöne Stadt. Sie versank im See, der emporquoll, nur die beiden äußersten Enden sind stehen geblieben. Darum heißt das obere Ende Obertrum, das untere Niedertrum. Bei niedrigem Wasser sieht man bei der Ortschaft Stein eine Stiege auf einem großen Stein. In der Nähe von Gebertsham sollen zur Zeit einer großen Hungersnot mitleidige Frauen dieser Stadt den Armen gekocht haben.
7. Bei Unterweißenbach stand in der Au am Fuße des Weidenauerberges eine Kirche, die versunken ist. Vorher flog noch der Blechhahn vom Kirchendach auf den Kirchturm von Schönau. In der Au soll man vor einigen Jahren das Kirchturmkreuz der versunkenen Kirche gefunden haben.
8. Ein Fuhrmann stieß bei Königswiesen nachts an etwas an, so daß er nicht weiterfahren konnte. Er schaute nach und sah ein eisernes Kreuz, an dem er angefahren war. Wie er sich niederbückte, hörte er aus dem Boden singen und meinte eine Orgel zu hören. Das kam aus der Kirche der Stadt, die hier versunken ist. Das Kreuz war das Turmkreuz. Es soll in die Kirche von St. Georgen am Walde gekommen sein.
9. Bei Wimsbach befindet sich ein niedriger Hügel. Der Wald, der ihn bedeckt, heißt das Freithofholz. Hier stand vor uralten Zeiten eine Kirche. Sie versank, nur zwei Säulen aus rotem Sandstein blieben stehen, sie befinden sich jetzt im Hof beim Radler, Ortschaft Traun.
10. Zwischen Vorchdorf und Hagenmühle steht an der Laudach eine Weide, der "heili Felbera". Auch hier soll eine Kirche versunken fein.
*11. Bei Wolfern entspringt unweit eines alten Burgstalles eine Quelle, "der heilige Brunn" genannt. Bei Sonnenuntergang oder zu Mittag sieht man bisweilen die Spitze eines Turmes im klaren Wasser. Ein Kirchlein ist an der Stelle versunken.
12. Auf der Kirileiten bei Attnang stand eine Kirche. Weil die Leute so liederlich waren, versank sie. Andere sagen, daß sie in der Schwedenzeit zerstört worden sei.
13. Auf dem Felsenkegel bei Liebenstein, von dem als steile Felswand die Jankusmauer abstürzt, stand vor Zeiten eine Kirche. Einmal war ein Krieg ausgebrochen und Feinde kamen zur Kirche, um sie zu plündern. Es sollen Türken gewesen sein, nach anderen waren es Heiden. Als sie die verschlossene Kirchentür erbrechen wollten, spaltete sich plötzlich der Felsen, verschlang die Kirche und schloß sich darauf wieder. Noch heute läßt sich manchmal, besonders in der heiligen Nacht, die Orgel aus dem Inneren des Felsens vernehmen.
Nach einer anderen Sage stand auf dem Felsen ein Dorf, das mit der Kirche und allen Bewohnern in die Tiefe sank. Wenn der Wind um den Felsen heult, hört man aus der Tiefe die Orgel klingen.
14. An der Stelle, wo in der Viechtau die Kirche des Riesenvolkes der Ruepel stand, befindet sich jetzt ein Tümpel. In der Nähe wird auch der Ruepelfriedhof gezeigt. Die Kirche versank samt einer lustigen Hochzeitsgesellschaft. Ein alter Bauer stieß einmal mit einem Rechen in den Tümpel und berührte das Kreuz der Kirche. Alle hundert Jahre kann ein Glückskind, wenn es um Mitternacht am Tümpel horcht, die Glocke der versunkenen Kirche läuten hören.
15. In Rindbach bei Ebensee stand vor Zeiten eine Kirche. Weil aber die Menschen so böse waren, versank sie einst, während ein starkes Unwetter tobte, bei der Messe mit allen Leuten darinnen. Ein große Senkung, die Loipinggrube, bezeichnet heute noch die Stelle. Lange sah man noch das Kreuz, es verschwand aber dann auch. An sehr lauen Sommerabenden soll man das Läuten und Beten aus der Tiefe hören.
16. Ober St. Konrad stand einst ein Schloß. Es ist schon lange versunken, steigt aber manchmal noch an die Oberfläche empor und zeigt sich in alter Pracht. Dem nun längst verstorbenen Michel Hauer vom Buchelsberg erschien einst in einer klaren Mondnacht das Schloß, er sah in der Burg ein fröhliches Gelage, dann aber den schrecklichen Schloßbrand. Als eine Morgenglocke ertönte, war die Erscheinung verschwunden.
17. Im tiefen Seegrund des Mondsees befindet sich eine starke Erhebung. Ehe es den See gab, stand hier eine Burg inmitten von fruchtbaren Feldern und Wiesen, an den Burghügel schmiegte sich eine Ortschaft mit einer Marienkirche. Der letzte Burgherr war seiner Ahnen unwürdig, nichts war ihm heilig, er bedrückte seine Untertanen und plünderte die Nachbarburgen. Im Traum erschien eines Nachts die Mutter Gottes dem Ortspriester und befahl ihm, mit den Bewohnern den Ort zu verlassen, auf dem Gottes Zorn schwer ruhe. Die Leute folgten dem Gebot und siedelten sich in der Gegend an, wo heute der Markt Mondsee steht. Der Ritter sah sie abziehen und ließ es lachend und spottend geschehen. Mit seinen Trinkgesellen zechte er bis tief in die Nacht hinein. Da stieg ein schweres Wetter auf, Blitze schlugen in die Burg, aus unterirdischen Spalten quoll Wasser hervor, die Burg versank mit ihren Bewohnern in die Tiefe des neuen Sees, der wegen seiner mondförmigen Gestalt den Namen Mondsee bekam. Bei klarem Wetter sollen die Zinnen der Burg und die Spitze des Kirchenturmes in der Tiefe sichtbar sein. Ein Fischer, der noch vor 50 Jahren lebte, sah diese wiederholt und glaubte auch, die johlenden Stimmen der Zecher gehört zu haben.
*18. Ähnliches wie vom Mondsee wird vom Attersee berichtet. Auch hier war das wüste Leben des Burgherren die Veranlassung, daß das fruchtbare Land von einem kleinen Weiher aus überschwemmt wurde.
*19. An Stelle des Hallstätter Sees befand sich eine fruchtbare Talmulde mit einer reichen Stadt und einer Burg darüber. Die Bewohner lebten von der Salzgewinnung und wurden übermütig. Da strömte von den Bergen Wasser nieder, die Stadt versank in den Fluten, die Burg verfiel und die Gegend wurde Wildnis.
20. Der Zellersee heißt auch der Jungfernsee. An seiner Stelle stand nämlich einst ein Schloß und eine Kirche. Der ganze Besitz gehörte zwei Schwestern, von denen die eine sehr wohltätig, die andere eine Verschwenderin war. Diese verschloß allen Mahnungen ihr Ohr. Auf einmal versanken Schloß und Kirche und darüber bildete sich der jetzige See. Alte Leute versichern, bei ruhigem See unter dem Wasser die Spitze des Kirchturmes wahrgenommen zu haben.
Nach einer anderen Sage fiel das Schloß als Erbe zwei Schwestern zu, von denen die eine blind war. Eines Tages zählten und teilten sie ihre Goldschätze. Die sehende Schwester drehte aber immer das Geldschüsserl um, wenn es der Schwester galt, so daß die Blinde arg betrogen wurde. Diese erfuhr aber von dem Betrug und sprach über Schloß und Stadt einen schrecklichen Fluch aus. In wenigen Tagen füllte sich das Tal mit Wasser und es entstand der Zellersee, oder wie er auch genannt wurde, der Jungfernsee.
Die Sage wird auch mit der Änderung erzählt, daß die betrügerische Schwester den Schwur gab, Feuer und Schwefel solle herabregnen, wenn sie falsch geteilt hätte. Nicht Feuer fiel herab, aber Wasserfluten vernichteten das Schloß.
Andere wieder erzählen, daß die eine Schwester gottesfürchtig, die andere gottlos, schwelgerisch und hartherzig war. Als alle Bitten vergebens waren, beschwor die entrüstete Schwester die Strafe des Himmels herab. Ein Wolkenbruch brach los und unterirdische Wasser machten sich frei, das Schloß versank.
21. Wo sich heute der Zeller- oder Irrsee befindet, war einst das Schloß eines Zauberers. Weitum neckte er die armen Talbewohner und suchte besonders den Ischler Salz- und Bergarbeitern Schaden zuzufügen. Ihre eifrige Arbeit war ihm lästig und er wollte die Maulwürfe, wie er sie nannte, bestrafen. Eines Tages schickte er ihnen einen verschlossenen Topf mit Sole zur Prüfung. Die Ischler trauten ihm aber nicht und sandten ihm den sonderbaren Topf uneröffnet wieder zurück. Der Bote brachte ihn nach mühevoller Wanderung zurück und war schon dem Schlosse nahe, da rastete er unter einem schattigen Gebüsch, öffnete aus Neugierde den Topf, brachte ihn aber nicht mehr zu. Immer mehr Wasser stürzte heraus, überschwemmte die ganze Gegend und zog das Schloß hinab. So entstand der Irrsee. Aus der tiefsten Stelle sieht man manchmal die Burg leuchten und Schiffer begegnen bisweilen einem graubiirtigen, unheimlichen Mann, der irr und wirr über den See fährt.
*22. Wo sich heute das Ibmer Moos ausbreitet, stand einst eine blühende Stadt. Die Bewohner waren ruchlos und verderbt und hörten auf keine Mahnung. Da ließ Gott die Stadt versinken und verwandelte die Gegend in Sumpf und See. Bei schönem Wetter schimmern bisweilen die Türme und Kreuze aus der Tiefe. Ein Tümpel im Sumpf heißt der Kreuztümpel, weil in ihm schon öfter ein Kirchenkreuz gesehen wurde.
23. Auf dem Schirfgrubberg bei Aurach, der in der Riesleiten, einer Sandsteinwand, nach Norden steil abfällt, stand einst eine stolze Burg, auf der Raubritter hausten, die die Bauern bedrückten und sich durch Ungerechtigkeit und Raub unermeßliche Reichtümer sammelten. Sie übten sinnlose Verschwendung und gaben tolle Gelage. Zur Strafe versank die Burg mit allen Bewohnern während eines solchen Festes. Ein kleiner Teich am Fuß der Riesleiten bezeichnet die Stelle. Noch vor 100 Jahren ragte ein Holzkreuz als letzter Rest der einstigen Burg aus dem trüben Wasser empor.
*24. Auch bei Rohrbach versank eine Raubritterburg mit ihren sündhaften Bewohnern im Sumpf. Eine Stelle, auf der nichts wächst, kennzeichnet heute noch den Platz.
25. Beim Gumplinger Lehen in Kirchberg bei Linz befindet sich eine Schliergrube mit unheimlichem, dunkelgrünem Wasser. Man versuchte einmal ihre Tiefe mit zwei aufeinandergestellten Wiesbäumen zu messen, kam aber nicht auf den Grund. An dieser Stelle stand einst ein Schloß, dessen Besitzer gottlos und hart waren, deshalb versank das Schloß. Ein Bauernhaus in der Nähe ist der einstige Meierhof.
26. Einst hatte es lange geregnet und die Ernte war in Gefahr. Die Leute beteten und opferten, aber der liebe Gott erhörte sie nicht. Da gingen einige Spötter in eine Kapelle, höhnten den Schöpfer und sprachen: "Wenn du nicht bald schönes Wetter machst, beten wir halt zum Teufel!" Kaum hatten sie so gesprochen, umzuckten Blitze die Kapelle, ein Windstoß fuhr brüllend daher und ein furchtbarer Donnerschlag erschütterte die Wände. Die Erde öffnete sich und verschlang die Kapelle mit den Frevlern. Eine sumpfige Stelle zwischen Seewalchen und Steindorf bezeichnet die Stelle.
27. Wo sich jetzt die Ortschaft Pernau befindet, stand einst eine Stadt. Weil ihre Bewohner Sünden auf Sünden häuften, erschien eines Tages der Teufel einem von ihnen und sagte: "Wenn ihr es noch lange so treibt, werdet ihr mein Eigentum." Der Mann sagte es den Leuten, sie bekehrten sich aber nicht. Da versank zur Strafe der ganze Ort. Nur der Stein blieb stehen, auf dem der Teufel bei seinem Erscheinen gesessen war. In der heiligen Nacht hört man die Kirchenuhr in der untergegangenen Stadt schlagen.
*28. Auf dem Hochkogl bei Henhart stand ein stolzes Schloß. Die letzte Schloßfrau war sehr geizig, sie versank mit ihrem Schloß. Ein Wagen mit Dukaten sank mit ihr in die Tiefe. Noch im vorigen Jahrhundert ragte die Deichsel aus dem Boden. Beim Ausroden von Baumstöcken hat sie aber ein Holzknecht abgehauen. Seither hat man vom Wagen nichts mehr finden können.
28a. Nach dem Tode des letzten Grafen von Hochkuchel versank seine Burg, nur noch eine goldene Deichsel schaute aus dem Boden, hie und da suchen Kind(er) heute noch nach ihr. Die Herren von Hochkuchel waren durch Raub reich geworden und einer von ihnen ließ sich einen goldenen Wagen machen. Wenn er in dem vorbeifuhr, verhöhnte er die Bauern.
29. Am Hochkuchel hausten die Hunnen und unterdrückten das Volk. Eines Tages wollten sie wieder auf Raub ausziehen, da tat sich der Hochkuchel auf und die Hunnen versanken im Berg. Nur noch eine Deichselstange ragt heraus.
30. Zwischen Grieskirchen und Gallspach lag die Mangelburg; wegen der Hartherzigkeit und Bosheit ihrer Besitzer, die ihre Untertanen schwer bedrückten, versank sie; die Stelle bezeichnet jetzt eine Mulde mit einem Baum an der Straße zwischen Niederndorf und Hierning.
31. In der Ortschaft Unterrammersbach bei Baumgartenberg stand einst ein Schloß. Zur Zeit des Faustrechtes wurde es verwunschen und versank mit all seinen Schätzen, darunter vielen Fässern Wein, in die Erde. Wenn in der Kirche die Osterpassion gelesen wird, öffnet sich bei einem kleinen Brunnen ein Zugang zu den Schätzen.
32. In Au bei Wimsbach stand einst eine Burg. Dort lebte ein grausamer Schloßherr, der einen Unschuldigen zum Tode verurteilte. Als der Unglückliche zum Galgen geführt wurde, sagte er: "Noch in dieser Stunde soll ein großes Unglück geschehen!" Dann wurde er hingerichtet. Es dauerte nicht lange, so brach ein unheimlichem Wetter los und die Burg versank mit dem Schloßherrn.
*33. Bei Pfaffstätt befand sich eine prächtige Burg, deren Besitzer die Bewohner der Gegend bedrückte und mit seinen Gesellen bis tief in die Nacht zechte. Gott ließ das Schloß mit seinen Bewohnern versinken; die Öffnung, die dadurch im Boden entstand, wurde immer kleiner und hat jetzt nur mehr die Gestalt eines Brunnens.
34. Auf dem Binderberg bei Liebenau stand einst eine Hexenburg, der Tummelplatz böser Hexen. Sie versank in die Tiefe, nur mehr der Brunnenschacht ist zu sehen.
35. Zwischen Wesenufer und Schlägen breitete sich einst eine große, reiche Heidenstadt aus. Die Bewohner lebten in Üppigkeit und errichteten in ihrem Übermut einen Tempel, in dem sie ein goldenes Kalb aufstellten. Zur Strafe ließ Gott in der Nacht die Stadt mit allem, was darin lebte, versinken. Felder breiten sich an der Stelle aus. Auf einem dieser Felder befindet sich ein Hügel. Vor vielen Jahren stieß dort ein Bauer eine Eisenstange in den Boden, dabei fiel ihm der eigentümliche, hohle Klang auf. Plötzlich rutschte die Stange ganz in den Boden und fiel in der Tiefe klirrend auf. Da wußte der Bauer, daß der Hügel das Deckengewölbe des Tempels war, in dem das goldene Kalb verehrt worden war.
36. Wo sich jetzt die Klammleiten bei Königswiesen befindet, stand vor Zeiten eine schöne Mühle, zu der auch große Gründe gehörten. Die Müllersleute waren reich und auch den Dienstboten fehlte nichts und sie wurden übermütig. Bald war ihnen das weiße Brot nicht mehr gut genug und als der Müller einmal mißlaunig war, ließ er es den Schweinen vorwerfen. Kaum war es geschehen, verfinsterte sich der Himmel und ein gewaltiges Gewitter brach los. Ein Wolkenbruch riß die Mühle und das gute Gelände herum mit und öffnete eine tiefe, wilde Schlucht, die Klammleiten. Sogar der Bach versank und riesige Felsstücke liegen dort, wo er unter der Erde dahinrinnt. Die Mühle ist in der Tiefe versunken, jetzt mahlt der Teufel darinnen. An einer Stelle kann man aus dem Boden heraufhören, wie das Rad der Teufelsmühle geht.
37. Statt des Gleinkersees breiteten sich einst dort grüne Wiesen und fruchtbare Felder aus, die zu zwei Bauernhäusern gehörten. Jeder Bauer besaß unter seinem Vieh einen schwarzen Stier, der dem andern völlig glich. Die beiden Tiere gerieten eines Tages in Kampf und stritten so lange, bis der eine Stier verendete. Nun wollte keiner der beiden Bauern der Besitzer des getöteten Tieres sein. Jeder schwur in gotteslästerlichen Ausdrücken, daß ihm der lebende Stier gehöre und sie verwünschten sich gegenseitig. Plötzlich verfinsterte sich der Himmel, ein Unwetter ging nieder und die fruchtbare Gegend versank, über ihr bildete sich der Gleinkersee. In ihm soll noch heute der in einen riesigen Fisch verwandelte Stier Hausen.
Es wird auch erzählt, daß der eine Stier eines Tages tot auf der Wiese gefunden wurde und daß darüber der Streit ausbrach, wessen Stier es sei.
38. Eine andere Sage meldet, daß das fruchtbare Tal, das sich einst an der Stelle des Gleinkersees befand, zwei Brüdern gehörte. Der eine Bauer hatte seinen Hof dort, wo sich jetzt das Seebauerngut befindet, der andere Bauer hatte sein Haus an einer Stelle im jetzigen Seegebiet. Dieser bemerkte, als er einmal das Vieh an der gemeinsamen Tränke beobachtete, daß die Tiere des Bruders bedeutend besser gediehen. Voll Zorn brach er in Flüche gegen den Bruder aus. Plötzlich stieg aber ein schweres Wetter auf, ein Wolkenbruch ging nieder und zerstörte die Flur, an ihrer Stelle sah man nach dem Unwetter einen See.
39. Wels war einst eine ungeheuer große Stadt; die Umgebung war überaus fruchtbar und reich, die Bewohner der Stadt waren aber böse und verehrten Götzen. Als Bischof Maximilian ins Trauntal kam und das Christentum verkündete, wurde er von den übermütigen Leuten verspottet und zog traurig weiter. Bald darauf vernichtete ein Unwetter die Stadt und verheerte das ganze Gebiet und
seine Einwohner. Erst nach längerer Zeit kamen wieder Menschen in die Gegend und machten sie mit vielem Fleiß abermals anbaufähig. Wels wurde wieder eine große Stadt mit Mauern und Türmen.
40. Einst jagte König Goiseram, der die Gegend von Goisern beherrschte, auf dem Arikogl. Er schoß auf eine Wildkatze, fehlte sie aber. An ihrer Stelle erblickte er einen Zwerg, der ihm eine Schale aus reinem Gold entgegenhielt. Der Zwerg gab auf die Fragen des Königs keine Antwort, sondern deutete auf ein türgroßes Loch und verschwand. Der König ließ dort Nachschau halten, fand unermeßliche Schätze und begann ein unerhört verschwenderisches Leben. Da ließ der Zwerg den Schatz im Goldloch verschwinden. Der König hatte aber Reichtümer genug gesammelt, um sein Leben in Üppigkeit fortsetzen zu können. Nun schickte der Zwerg einen Lindwurm, der unter dem Schlosse hauste. Als dieser vor dem Höhleneingang erschien, stürzte das Schloß über seinen Bewohnern zusammen.
41. Zwischen dem Adlersberg und dem Höllereck im Westen des Traunsees stand vor Zeiten eine blühende Stadt und das Land war gerodeter als heute. Weil die Leute aber ein gottloses Leben führten, ließ es Gott geschehen, daß sie von Feinden verjagt wurden. Die Stadt zerfiel und die Gegend verwilderte wieder.
42. Von der hohen Farnau aus ist der Burgstein zu sehen. Dort hauste ein wildes Raubrittergeschlecht. Der letzte Burgsteiner häufte Untat auf Untat. Die Strafe blieb nicht aus. Der Burgsteiner und seine Genossen starben elend in den schönsten Jahren, die Burg wurde versteinert und ragt so noch heute empor. Manchmal läßt sich auf den Trümmern ein junges Paar sehen, öfter aber noch vernimmt man wüsten Lärm.
43. An Stelle des Karls Eisfeldes auf dem Dachstein lagen vor Zeiten herrliche Almen. Die Sennerinnen hatten Milch und Butter in Überfluß, sie waren so übermütig, daß sie den Kalk mit Milch anmachten, wenn beim Almsteig oder an den Hütten etwas zu mauern war. Kam aber ein Wanderer hungrig und durstig daher, so verweigerten sie ihm nicht nur jeden Tropfen Milch, sondern jagten ihm auch noch die Hunde nach. So trieben sie es auch einmal mit einem alten Mann, der um eine Gabe gebeten hatte. Er aber sagte:
"Auf dieser schönen Höh
soll fallen ein großer Schnee
und aper wird's dann nimmermeh(r)!"
Sogleich begann es immer dichter zu schneien und als die Sennerinnen fliehen wollten, war es schon zu spät. Nur eine kam mit ihrer Sennwirtschaft herunter und erzählte alles, was geschehen war. Die Almen blieben aber seither unter Eis und Schnee begraben. An heißen Sommertagen fließt noch jetzt um Mittag ein milchweißer Bach vom Eisfeld in den Gosausee; es ist die Milch, in der die Sennerinnen um diese Zeit sich zu baden pflegten.
44. Am Ursprung des Weißenbaches befand sich eine saftige Weide. Die Senner und Sennerinnen, die dorthin ihr Vieh auftrieben, lebten in Überfluß und begannen zu prassen. Sie wuschen sich mit Milch und pflasterten die Hütte mit Käse. Wanderern gegenüber aber waren sie geizig. Die Strafe blieb nicht aus. Eine Steinlawine begrub die Alm und ihren ganzen Reichtum unter sich. Der Vorrat an Milch floß zu Tal und gab dem Wasser des Weißenbaches seine Farbe.
45. Vom Nordrand des Kobernauserwaldes sieht man auf das Eisfeld der Übergossenen Alm. Dort befand sich früher statt des Gletschers herrlicher Wiesengrund. Die Sennerinnen hatten wenig Mühe und Sorge, sie wurden übermütig, verschwendeten Milch und Butter und führten ein ausschweifendes Leben. Ein Armer kam eines Tages fast verschmachtet auf die Alm und bat um ein Stück Brot, wurde aber von den Sennerinnen fortgejagt. Da sank er entkräftet zusammen und verfluchte sterbend die ganze Alpe. Ein Unwetter zog herauf, viele Stunden schneite es, als sich der Himmel wieder klärte, war die blühende Alpe verschwunden, Schnee- und Eisfelder dehnten sich statt ihrer aus. Nur am Sonnwendtag steigt die Alm auf wenige Stunden in ihrer alten Pracht empor.
Quelle: Oberösterreichisches Sagenbuch, Hg von Dr. Albert Depiny, Linz 1932, S. 141 - 149
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, März 2006.
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