4. Von Berggeistern, Waldwesen und allerlei
Wichten.
2. Kleine Wallfahrer.
16. Das Kirchlein zu Maria Hilf im Mondseeland wird von vielen Wallfahrern aus der Umgebung besucht, aber auch aus dem Innviertel, aus Salzburg und Bayern. Im Frühsommer kommen alle Jahre die zwerghaften Untersberger Mandl vom Untersberg her. Zur Nachtzeit wandeln sie paarweise in langen Reihen zum Gotteshause. Am Fuße des Berges zünden sie ihre Lichter an, winzige Kerzen und Fackeln. Singend und betend ziehen sie in die Kirche ein, sie opfern Goldplättchen und Karfunkel. Niemand hört sie, niemand stört sie. Nur die Fischer draußen am See hören den Gesang vom hellerleuchteten Kirchlein. Um Mitternacht aber verlöschen die Lichter und lautlose Ruhe breitet sich wieder über das Gnadenkirchlein.
17. In der Mettennacht gehen auch die Zwerge in die Kirche und legen beim Weihbrunnkessel ihre Hütchen nieder. Wer auf einem Schemel aus neunerlei Holz kniet, kann die Zwerge sehen und ein Hütel nehmen. Es wird ihm dann ein Wunsch erfüllt.
18. Schon öfter wurden Bergmandl überrascht, wenn sie in einer Kirche Frühmesse hielten, so in Attnang und Ostermiething.
*19. Eine solche Messe wurde einmal von einer alten Frau mitgemacht, die vermeint hatte, das Frühläuten zu hören und ohne auf die Uhr zu sehen, zur Kirche ging. Sie sah drinnen Zweige, ließ sich aber nieder und betete. Nach einer Weile trat eine Frau, in der sie ihre längst verstorbene Patin zu erkennen glaubte, zu ihr und sagte ihr, sie solle ihr Schürze fallen lassen und sogleich nach Hause gehen, sonst täten ihr die Zwerge etwas zuleide. Die Frau folgte, am nächsten Morgen fand sie ihre Schürze zerfetzt in der Kirche.
20. In früheren Zeiten machten die Untersberger Mandl Wallfahrten nach der Kirche in Schöndorf bei Vöcklabruck. Sie zogen unter der Erde und alte Leute erzählen noch, daß man sie oft in klaren Nächten vor einem Marienfest wunderschön singen hörte.
*21. In Siegertshaft kam einst der Mesner zu früh in die Kirche um die Morgenglocke zu läuten. Da traf er die Untersberger Mandl beim Gebet, er erschrak so, daß er bald darauf starb.
*22. In der Pfarrkirche in St. Georgen im Salzburgischen nahe der oberösterreichischen Grenze hielten die Untersberger Mandl bei ihrer Wallfahrt nach Ötting Andacht, ihr nächtlicher Zug wurde schon wiederholt gesehen. Als einmal der Glöckner früher als sonst Taganläuten ging, war die Kirche voll von Untersberger Mandl, die alle dem Altar zugewandt beteten. Als der Mann vom Läuten zurückkam, war die Kirche leer.
*23. Als der Glöckner in demselben St. Georgen am 1. Adventsonntag 1883 Morgenanläuten ging, sah er aus der Kirche einen Lichtschimmer und hörte wundervolle Musik, so daß er lauschend vor der Kirchentür stehen blieb. Als von Oberechingen die Glocken herüberklangen, war es plötzlich in der Kirche still und finster.
*24. Die Untersberger Mandl wurden
früher öfter in mondhellen Nächten auch am Remoneuberg
bei Polling gesehen, das letztemal 1906. Gerne wallfahrteten sie nächtlich
von der Ortschaft Höpfling zur Pfarrkirche Eggelsberg und hielten
dort Messe.
Quelle: Oberösterreichisches Sagenbuch, Hg von Dr. Albert Depiny, Linz 1932, S. 31 - 32.