1. Von der wilden Jagd und vom wilden Jäger.
1. Die wilde Jagd.
a) Ihre Wege.
1. Zwischen Oberschlag und Riemetschlag bei Windhag bei Freistadt heißt eine Flur Salcher. Hier treibt die wilde Jagd bei Vollmond ihr Unwesen. Schon viele haben in solchen Nächten Schießen, Bellen, Pfeifen, Schreien und Sausen gehört.
2. In Kösselberg bei Hackstock hört man die wilde Jagd in den Rauhnächten.
3. Vom Glatzberg zieht sie als Teufels- und Gespensterspuk über den Schobersberg.
*4. Hinter Pockelhub führt die Straße nach Schwand durch einen Hohlweg, durch den früher immer die wilde Jagd zog. Auch durch den Höllgraben bei Lochen, in dem es überhaupt nicht geheuer ist, fuhr sie.
5. Von Pettighofen ging die wilde Jagd gegen die Felder von Roitham.
Ganz furchtbar trieb sie es einst zu Forchtenau, dadurch entstand auch der Name, der "gefürchtete Au" bedeutet. Als die wilde Jagd zum letztenmal über die Gegend fuhr, verspätete sich ein schwarzer Hund und blieb im Schilf des Teiches dort zurück. Seine feurigen Augen leuchten im Nachtdunkel, nicht selten ist auch sein Heulen vernehmbar.
6. Im Klinslholz bei St. Peter am Wimberg fährt die wilde Jagd mit schrecklichem Lärm über die Baumwipfel, in denen es knackt und rauscht. Das Gehölz ist heute noch gemieden.
7. Auch im Pitzenberger-Holz bei Schwanenstadt geht die wilde Jagd. Es spukt dort. Eine Stelle ist unter dem Namen "Beinerhaufen" bekannt. Die Leute scheuen sich vorüberzugehen.
8. Beim Mair zu Derndorf in der Welser Gegend kam die wilde Jagd vorbei, das Tor sprang auf und Rappen stürmten in den Hof. Seither gedeiht auf dem Gute kein anderes Pferd als ein Rappe. Auch wurde das Stadeltor immer wieder aufgerissen, sodaß nichts übrig blieb, als das Haus niederzureißen und an einer anderen Stelle wieder aufzubauen. Noch heute sind im Stalle nur Rappen eingestellt.
*9. In Weißkirchen an der Traun stürmte einst die wilde Jagd durch einen Bauernhof, Tür und Tor läßt sich seither nicht mehr verschließen. Mehrere Besitzer haben es schon versucht, wieder Tore anzubringen, diese werden aber über Nacht immer wieder von unsichtbaren Händen ausgeworfen. Dennoch ist im Hofraume alles sicher. Einst versuchten schlechte Leute Geräte wegzutragen, kaum waren sie aber 30 Schritte weit gekommen, wurden sie durch einen furchtbaren Lärm erschreckt, warfen die Beute weg und liefen eiligst davon.
b) Die Tiere müssen mit.
*10. Eine Schar böser Geister jagte früher Nacht für Nacht in Gestalt von Rehen, Hirschen, Wildschweinen, Geißböcken und anderem Getier durch die dichten Wälder des Braunauer Bezirkes. Alle Hunde der umliegenden Dörfer zogen mit und vermehrten durch ihr Gebell das Jagdgetöse. Mit Blut und Schaum im Maul kamen sie beim Morgendämmern heim. Wenn einer bei Nacht durch einen solchen Wald mußte und er hörte das wilde Gjaid nahen, so warf er sich flach auf den Boden, dann ging die ganze Schar über ihn hinweg.
11. Kam die wilde Jagd, so mußten alle Hunde vom Hausberg bei Kemating bis nach Rutzenmoos mit.
*12. In der Aspacher Gegend nahm es die schwarzen Hunde mit, auch wenn Tür und Tor versperrt waren. Selbst die Hunde, die daheim blieben, zitterten und winselten. Im Mühlviertel mußte ein schwarzer Hund, an dem kein weißes Haar war, immer wieder mit, auch wenn er an der Kette lag. Erst nach 2 oder 3 Tagen kam er heim.
13. Beim Tischler zu Enzenkirchen hatten sie einen schwarzen Hund mit einem Geißfuß, der nachts auf den Scheitern vor dem Haufe lag. Zog die wilde Jagd vorbei, so mußte er mit. In der Frühe war er wieder da, hat aber "geleherzt" und ist den ganzen Tag liegen geblieben. Die Leute rieten dem Besitzer, dem Hunde mit Kreide ein weißes Kreuz auf den Rücken zu machen. Nun konnte der Hund nimmer mit, aber eines Tages war er spurlos verschwunden.
*14. Die alte Wirtin in Migelsbach am Nordhang des Grindelsberges hatte einen ganz schwarzen Hund. Wenn in der Nacht das Johlen, Lärmen und Krachen auf den Höhen und in den Schluchten des Berges losging, war der Hund nicht zu halten, er mußte hinaus in den Wald. Selbst wenn man ihn einsperrte, ging er durch. Am Morgen kam er schweißtriefend, zerzaust und müde heim.
15. Es gibt "vieräugige" Hunde, die über ihren Augen eine auffallend lichtere Haarzeichnung haben, die einem zweiten Augenpaar ähnlich sieht. Sie müssen mit der wilden Jagd ziehen.
16. Beim Oberhäuser in Aurach hatten sie solch einen "vier-äuglaten" Hund, der nachts zwischen 11 und 12 Uhr mit dem wilden Gjaid zog und mit großem Lärm zurückkam. Es war umsonst, wenn sie ihn auch einsperrten.
17. Ein Müller in Altmünster hatte einen ausgezeichneten Jagdhund mit Namen Hirschmann, der vieräuglat war. Er streifte gern auf eigene Faust durch Wald und Feld. Als der Müller einmal weiter aus mußte, band er deshalb den Hund an einen Tischfuß und versperrte das Haus. Er hatte aber den Geldbeutel vergessen und kehrte nach wenigen Minuten um. Der Hund war verschwunden. Der Müller hatte länqer als er gedacht hatte zu tun, erst spat abends konnte er sich auf den Heimweg machen. Ein so starker Sturm überfiel ihn, daß er sich zur Erde werfen mußte. Ein wahrer Höllenlärm ging los, unter den Tierstimmen, die sich fürchterlich bemerkbar machten, vermeinte er die Stimme seines Hundes zu vernehmen. Als es wieder ruhig geworden war, schleppte er sich mühsam heim. Hirschmann lag daheim wieder angebunden, sah aber abgehetzt aus, die Zunge hing ihm heraus. Da wußte der Müller, daß sein Hund die wilde Jagd mitgemacht hatte. Er verkaufte das Tier, es verendete aber bald darauf.
*18. In einem Bauernhaus bei Polling ließen sich Hunde und Katzen nicht halten und machten immer die wilde Jagd mit. Auch in Gößlberg bei Schweikersreit lief ein schwarzer Hofhund mit der wilden Jagd, besonders in der Mettennacht. Es half nichts, wenn man ihn an die Kette legte oder einsperrte.
*19. Wenn die wilde Jagd durch den Schreiberbauerntobel, eine , Talsenke unweit Pockelhub bei Ranshofen, ging, verschwand ein schwarzer Hund aus einem nahen Bauernhaus. Am Morgen lag er wieder erschöpft und abgemagert an der Kette. Genau so ging es mit einem Hund in Siegertshaft. Ein großer, schwarzer Hund in Handenberg, der sich auch von der wilden Jagd nicht abhalten ließ, konnte nach seiner Rückkehr vor Erschöpfung 3 Tage nichts fressen.
Namentlich schwarze Hunde mit eingewachsenen Krallen, mit sogenannten Boankrallen, müssen mit. Einen solchen Hund hatten sie in Tarsdorf und fürchteten ihn. Er hieß Brandl.
*20. Einem schwarzen Hund, der mit mußte, wenn die wilde Jagd vorbeikam, hängte einmal ein Bauer in Neukirchen an der Enknach einen Laib Brot um. Die wilde Jagd hielt vor dem Haus an und eine Stimme drohte, das Haus mitzunehmen, wenn sie den Brotlaib nicht weggäben. Schleunigst taten sie es und gaben den Hund frei.
21. Bis vor 30 Jahren erregte die wilde Jagd im unteren Mühlviertel großen Schreck. Nicht nur die Tiere des Waldes, sondern auch die Haustiere mußten mit. Als ein Pferdeknecht am Morgen in den Stall trat, waren die Pferde gerade von der wilden Jagd zurück. Schweißtriefend standen sie da und waren den ganzen Tag über müde und erschöpft. Ein Hund hatte ganz eigenartige Augen wie kein anderer Hund. Er mußte Nacht für Nacht der wilden Jagd folgen, wo sie auch war. Abends winselte er so lange, bis er fortgelassen wurde.
22. Ein Bauer oberhalb Weinberg hatte ein Pferd, das am Morgen meist schwitzte und einmal den Schweif in 3 Zöpfe geflochten hatte. Die Bauern kamen zusammen und stellten fest, daß es bei der wilden Jagd gewesen war. Ein Bauer riet, das "Fünffußkreuz", das Trudenkreuz, an die Stalltür zu zeichnen. Eine Magd konnte es und von nun an war Ruhe.
23. Auch vom Krepenhofergut in Prägarten zog ein Rappe mit der wilden Jagd, am nächsten Morgen stand er in Schweiß gebadet im Stalle.
c) Wie Leute der wilden Jagd begegneten.
24. In der Gaisbacher Gegend ging einst eine Bäurin nachts vom Totenwachen heim. Wie sie über einen Steg kam, hörte sie plötzlich in der Luft ein Geschrei von Pferden, Hunden und Katzen, der Sturm heulte, die Bäume krachten und beugten sich. Die Bäurin wußte nicht, wie sie heimkam und war am nächsten Tage krank vor Schreck.
25. Beim Eder in Ed bei Haigermoos hörten die Leute abends nach dem Betläuten oft etwas recht Wildes von Hagenreut gegen die Kapelle daherfahren. Wenn sie aber nachschauten, wer denn noch so spät fahre, sahen sie nichts.
26. Ein Knecht vom Grünbichlergute ging am heiligen Abend nach Prägarten in die Mette. Im Lehnerholz hörte er ein Sausen und Brausen, Ächzen und Krachen in den Lüften, es war die wilde Jagd. An ihr soll auch ein Hund vom Auhäusel und eine schwarze Katze vom Aisthäusel teilgenommen haben.
27. Es ging einmal in der Königswiesener Gegend ein Mann von Salchenöd zum Winkler hinüber. Wie er so im Walde dahinging, fing um ihn ein furchtbarer Lärm an, aber sehen konnte er nichts. Auf einmal fiel ihm, er wußte selbst nicht wie, der Hut vom Kopfe. Sein Hund bellte wie unsinnig und wollte nicht weiter, erst als ihn der Mann anlockte, ging er mit, drückte sich aber dicht an die Füße seines Herrn und blieb ängstlich, bis sie zum Winkler kamen.
28. Ein Knecht zu Königswiesen wollte in der heiligen Nacht die wilde Jagd hören. Sehen konnte er nichts, weil es so finster war. So stieg er auf einen Baum und war schon eine Weile oben, da fing in der Luft ein Lärm an, wie er ihn sein Lebtag noch nicht gehört hatte. Katzen jammerten, Hunde bellten, Hühner gackerten und allerlei sonstige Tierstimmen ertönten. Als es wieder ruhig geworden war, stieg der Knecht vom Baum und ging in die Stube. Er setzte sich auf die Ofenbank und konnte vor Schrecken noch eine Weile nichts reden.
29. In den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts hatte ein Bauernsohn aus Geretsberg eine Braut in der Tarsdorfer Pfarre. Wenn er sie besuchte, mußte er beim "scharfen Eck" ein gutes Stück durch den Weilhartsforst. Im Walde begegnete ihm jedesmal unter wildem Lärm etwas Unerklärliches, Schreckhaftes. Es war ihm, als liefen lauter junge Hunde mit feurigen Augen um ihn. Er schlug mit dem Stocke um sich, traf aber nichts. Mit einmal war der Spuk mit dem gleichen Krachen auf und davon. Er fürchtete sich so, daß er seinen Bruder bat, mitzugehen. Der lachte ihn aus, ging aber doch mit. Sie kamen im Walde in das Gelärm. Voll Furcht kehrten sie um und gingen nachts nie mehr diesen Weg.
30. Im Westen von Schwanenstadt steht eine Kapelle. Früher zog hier die wilde Jagd vorbei. Seit die Kapelle erbaut ist, kann sie nicht mehr vorbei, muß in die Lüfte empor und kann der Stadt nicht schaden. Wird aber die Kapelle abgetragen, dann geht die Stadt zugrunde.
*31. Ebenso kam die wilde Jagd, wenn sie von Pfaffstätt gegen Weinberg zog, immer nur bis zur Kapelle beim Fifcherhäusel, vorbei konnte sie nicht.
*32. Nach Sonnenuntergang flog das Nachtgjoad einen Fuß hoch über die Erde hin. Wer sich auf das Gesicht niederwarf, dem war es, als gehe ein Luftzug über ihn hinweg und er hörte Hundegebell. Wer sich aber nicht niederwarf, ob Mensch oder Tier, wurde mitgenommen. So nahm es in Haslach einmal einen Hund mit, am folgenden Tag wurde er zerkratzt und zerfleischt in einem Walde in der Nähe gefunden. Besonders wurden furchtsame Leute von der wilden Jagd verfolgt.
33. Ein 88jähriger Inwohner in Steinhaus, der seine Kindheit in Ried i. Innkreis verlebt hatte, erzählte 1928: "Meine Eltern machten mich öfters aufs wilde Gjaid aufmerksam, ich solle mich bei seinem Herankommen auf das Gesicht legen, sonst würde ich von ihm zerrissen. Mir ist aber die Jagd nie begegnet."
*34. Im Hagenreutholz bei Haigermoos, durch das die wilde Jagd ging, wurde ein alter Bauer von ihr überrascht und warf sich zu Boden, da fuhr und kratzte es über seinen Rücken und Hunde und Katzen lärmten.
35. Wenn die wilde Jagd kommt, erhebt sich an irgendeinem Punkt ein Jammern und Klagen, das rasch näherkommt, in der Luft dahin zieht und in der Ferne verschwindet. Wem es auf der Straße begegnet, der wird in der Mitte glatt abgeschnitten. Burschen, die am Freitag jauchzten, wurden oft in Fetzen zerrissen. Wer sich aber zwischen die Wagengeleise der Straße legt, oder ein Hufeisen samt den Nägeln bei sich hat, ist sicher. In der wilden Jagd werden die armen Seelen gejagt, darum hacken die Holzknechte 3 Kreuze auf den Strunk, wenn sie einen Baum umgesägt haben.
36. Ein alter Jäger in Henhart kam unter die wilde Jagd und hockte sich schnell zu Boden. Hätte er es nicht getan, wäre ihm der Kopf nach hinten gedreht morden.
37. Vor ungefähr 30 Jahren wurde ein Bauer im "Kalten Graben" bei Kefermarkt von der wilden Jagd eingeholt. Er warf sich platt auf den Boden und die Jagd ging über ihn hinweg. Unter den Tieren, die mit der Jagd über ihn hinwegbrausten, erkannte er am Bellen seinen eigenen Hund.
38. In der Gegend von Sarmingstein kommt die wilde Jagd in den Rauhnächten den Nößlingerweg herab. Man entgeht ihr wenn man sich platt auf die Erde legt. Will man sie aber sehen muß man gut versteckt beim höchsten Dachfenster hinausschauen.
39. Der alte Jäger Ferdl wurde in einer Dezembernacht am Wege von Prägarten nach Greisingberg von der wilden Jagd überrascht, er warf sich schnell in das rechte Fahrgeleise und war gerettet.
40. Ebenso wurde vor Jahren ein Knecht am Hainberg bei Pregartsdorf von der wilden Jagd überrascht und rettete sich nur durch Niederwerfen in das rechte Wagengeleise.
41. Ein Bauer und ein Schneider gingen nachts von Pierbach nach Mönchdorf. An der Stelle, wo die Straße bergan führt, hörten sie in den Lüften ein Geschrei von Hunden und Katzen und Pferdegewieher. Sie legten sich schnell in das rechte Fahrgeleise, da ging alles über sie hinweg.
42. Der Großvater eines Gschwandter Bauern ging mit einem Kameraden auf den Bulleisberg. Oberhalb der Schuhed kam die wilde Jagd daher und der Großvater fürchtete sich sehr. Sein Begleiter aber, dem sie schon einmal begegnet war, blieb furchtlos und sagte: "Wir legen uns auf die Erde und hauchen in den Hut hinein, dann kann uns nichts geschehen." Sie taten es und das wilde "Gjaid" zog über sie hinweg, ohne ihnen zu schaden. Als sie wieder aufstanden, hörten sie die Jagd schon über den Schobersberg ziehen.
43. Die wilde Jagd dürfen nur Neusonntagskinder, Leute, die an einem Sonntag im Neumond geboren sind, sehen. Wer dies aber einmal erlebt hat, der denkt noch nach Jahren mit Schaudern daran. Ein Brausen kommt näher und näher und nimmt unbeschreibliche Heftigkeit an. Aus dem Höllenlärm kann man die Stimmen "aller Nationen Tiere" unterscheiden und das Dröhnen der verschiedensten Musikinstrumente, dabei rüttelt der Sturm an den Fenstern. Nach einer Viertelstunde nimmt der Lärm allmählich wieder ab.
Begegnet jemand der wilden Jagd im Freien, so muß er sich sofort rechts von der Straße auf den Boden legen, dann zieht sie in Manneshöhe über ihn hinweg. Wen aber ein Pferdehuf auch nur ein wenig berührt, den reißt die wilde Horde mit und nie mehr kommt er lebend auf die Erde zurück.
*44. Einem Burschen in Feldkirchen i. I., der sich zwar vor der wilden Jagd zu Boden warf, aber einen Fuß in die Höhe streckte, damit ein Jagdgeselle darüber stolpere, wurde der Fuß ausgerissen.
*45. Auch im Kobernauserwald zieht die wilde Jagd; ein Bauer begegnete ihr, legte sich zu Boden und streckte die Arme in Kreuzform auf der Erde aus. Er kam mit heiler Haut davon.
46. In den Waldschluchten um den Mondsee ist die wilde Jagd daheim. Zum Schütze gegen sie hacken die Holzknechte deshalb nach dem Fällen von Fichtenbäumen 3 Kreuze in die Schnittfläche des Stumpfes. Es muß aber mit 6 Streichen gelingen, fönst ist es ein böses Vorzeichen und hilft nicht gegen das wilde Gjaid. Wer sich beim Nahen der milden Jagd auf solch einen Stamm setzt und betet, ist vor ihr sicher.
47. In den Rauhnächten stürmte einst die wilde Jagd unter Geschrei und Peitschenknallen über die Landauer Point vom Walde her bis in den Ort Mondsee hinein. Vorne jagte eine Meute vieräugiger Hunde, dann folgte der Zug der ungetauften Kinder und ein Schwarm wilder Reiter, von denen ein Teil auf schwarzen Böcken ritt. Die Leute flüchteten in die Häuser, denn wer am Wege angetroffen wurde, mußte mit. Nur wer sich platt auf den Boden niederwarf und einen Rosenkranz oder sonst etwas Geweihtes bei sich hatte, über den stürmte die Jagd schadlos hinweg.
Zuletzt machte der tolle Spuk am Kirchenplatz vor dem schweren Eichentor der Abtei halt. Erst als der Abt vortrat und sein Brustkreuz entgegenstreckte, zerstob die lärmende Geisterschar.
*48. Die wilde Jagd zog früher auch durch das Steckenbachtal bei St. Georgen am Fillmannsbach. Einem Mann, dem sie begegnete, war es plötzlich, als sperre ihm eine Mauer den Weg. Er warf sich zu Boden und kreuzte Hände und Füße, so geschah ihm nichts.
Gegen die wilde Jagd helfen auch Zweige vom Kranzeltag.
49. In Ebensee liefen die Glöckler in der feisten Rauhnacht mit ihren Lichterhauben und Fransen, Glocken und Schellen, um die wilde Jagd zu verscheuchen, dabei kam mancher Glöckler ums Leben. Bei der Sodafabrik befindet sich die Springinsfeldau, hier liegt ein Glöckler begraben. Auch in der Schöfau bei Rindbach bezeichnet ein Kreuz die Stelle, an der ein Glöckler erschlagen und begraben wurde. Seither geistert es dort.
50. Ein Jäger hörte in der Gegend von Königswiesen nachts einmal die wilde Jagd. Er stand auf und trat vor die Tür. Er sah aber nichts, sondern hörte nur, wie die wilde Jagd dahinging. Er holte seine Büchse und schoß in die Luft, da zog die wilde Jagd davon. Wie er in der Frühe hinausschaute, lag eine schwarze Henne draußen.
51. In Katzbrenning im Mühlviertel saßen an einem schönen Sommerabend Burschen auf der Hausbank. Es dämmerte schon, da näherte sich von Norden her das Nachtgjoad mit Hundegebell, Schießen, Schreien und Pfeifen. Zwei Burschen liefen auf das nahe Ackerfeld, um die Jagd zu sehen. Ein heißer Wind drang ihnen so furchtbar entgegen, daß sie sich mit dem Gesicht in die Ackerfurche legten und die Ohren mit den Händen verdeckten. Das Getöse verklang bald gegen Süden und Ruhe war wieder ringsumher. Als die Burschen zu den andern zurückkamen, hatten auch diese nichts gesehen.
52. Ein Königswiesner Bauer stand vor dem Stadeltor, da hörte er die wilde Jagd vorbeiziehen, Lärm und Geschrei von Katzen, Vögeln und sonstigen Tieren. Er rief: "Laßt mir auch ein Trumm von dieser Jagd". Ein Kuhfuß fiel vor ihm nieder. Da wartete er nicht länger und schlüpfte voll Schreck und Grauen beim Stadltor hinein.
53. Bei Wels stand eine Mühle am Waldesrande. Eines Nachts weckte den Müller Wagengerassel, Pferdegetrappel, Katzengeschrei und verworrener Stimmenschall. Der wachsame Haushund bellte wütend und um die eigene Angst zu unterdrücken, feuerte ihn sein Herr noch an. Als sich der Lärm gelegt hatte, erschien eine dunkle Gestalt am Fenster und rief dem Müller mit heiserer Stimme: "Komm her, Hans! Du hast uns heute mit deinem Hunde jagen geholfen, da hast du dafür ein Stück Wild!" Durch das Fenstergitter wurde ein großes Stück Fleisch in die Stube geschoben. Am Morgen sah der Müller mit Grauen das unheimliche Geschenk und warf es in den Mühlbach. Als er aber wieder in die Stube zurückkam, war es am alten Platze. Hunde und Schweine ließen es unberührt, auch das Vergraben im Garten half nichts. Da riet ihm der Pfarrer, es im roten Moor zu vergraben. Der Müller tat es und war von dem unheimlichen Wildbret befreit.
54. In einem Bauernhaus in Pischelsdorf hatten sich die Frauen bei der Putzarbeit abends verspätet und die Fenster noch nicht wieder eingehängt. Da kam die wilde Jagd vorbei, die Frauen fühlten sich jedoch im Hause sicher und spotteten den Lärm nach. Es flog ein Schafsfuß zum Fenster herein und traf die übermütigste Magd. Als sie nach Jahr und Tag ein Kind bekam, hatte es ein schafähnliches Gesicht, starb aber schon in der ersten Silvesternacht.
55. Ein Bauer ging durch den Wendbachgraben bei Ternberg und hörte die wilde Jagd durch die Lüfte brausen. Er blieb stehen, sonst hätte es ihn mitgenommen. Plötzlich fiel ihm eine Kette vor die Füße und eine Stimme rief: "Pack an!" Der Bauer wickelte die Kette dreimal um den nächsten Baum. Da rief es wieder: "Zieh die Stiefel aus. Weil du so stark bist, bekommst du deinen Lohn." Ein starker Hirsch fiel vor ihm nieder und auf Geheiß füllte der Bauer dessen Blut in seine Stiefel. Als er heimkam, war das Hirschenblut Gold geworden.
d) Von der milden Jagd mitgenommen.
56. Wenn das wilde Gjaid durch das Mondseeland und über die Felder und Gehöfte gegen St. Lorenz jagt, schüttelt der Wind in den Häusern Fenster und Türen. Wer der Jagd in den Weg kommt, wird fortgerissen und muß mittollen bis zum jüngsten Tag.
*57. Beim Scherweiher bei Hardenberg wurde ein Mann von der wilden Jagd abgesetzt, der kein Wort deutsch konnte und eine ganz fremde Sprache redete, soweit her hatte ihn das Gjoad mitgenommen.
58. In Kirchberg a. d. Donau ließ es einen Knecht nie daheim, wenn die wilde Jagd kam. Er wurde immer mitgerissen und ganz ermüdet und verstört kehrte er meist erst am zweiten oder dritten Morgen mit zerkratztem Gesicht und zerrissenen Kleidern zurück.
59. Im Mühlviertel wurde einst ein Mädchen vom Nachtgjoad entführt und kam erst nach 2 Jahren zurück. Auf Befragen brachte man nichts aus ihr heraus und auch später, als sie längst Frau geworden, sagte sie nur: "Ich kann es nicht sagen, es war alles so schrecklich."
*60. Zur Franzosenzeit ging ein Bursche nachts durchs Hofhölzl bei Pischelsdorf, um den feindlichen Soldaten auszuweichen. Die wilde Jagd kam daher, er starrte entsetzt zu ihr empor und wurde mitgenommen, erst in Henhart kam er wieder auf den Boden, war aber unverletzt.
61. Vom Wildenstein zog das wilde Gjoad unter furchtbarem Lärm nahe dem Boden durch die Luft dem Traunstein zu. Jagdhörner mischten sich unter Unkengeheul. Einmal stellte sich ein Tanzgeiger aus Goisern dem Gjoad Entgegen, es nahm ihn aber mit, schleifte ihn über den See und setzte ihn beim Morgengrauen am Traunstem ab. Mit Mühe und Not kletterte er an den Felsen nieder, sein Haar war in der furchtbaren Nacht ergraut, niemand sah ihn mehr lachen.
Um die wilde Jagd zu bannen, baute man am rechten Traunufer eine Kapelle, "Heiliges Kreuz" genannt, und am Kreuzplatz zu Bad Ischl die Lindenkapelle.
*62. Ein Mann in der Gegend von Braunau verlachte alle Vorsicht gegen das wilde Gjoad und als er es einst im dichten Wald bei Siegertshaft herannahen hörte, warf er sich nicht zu Boden sondern blieb verwegen stehen. Die Jagd war schon ziemlich nahe, da sprang ein Geißbock herbei und rief: "Sitz auf und halt dich beim Stutzen! Er zeigte keine Lust dazu, doch der Bock rannte ihm zwischen die Beine und unfreiwillig mußte er über Stock und Stein mit. Mit zerfetzten Kleidern blieb er am Morgen in der Nähe von Vorau bei Michaelbaiern liegen.
63. Als einmal das wilde Gjaid von
Kemating gegen Rutzenmoos dahinbrauste, war der "Moser im Knäul",
ein Häusler, spät abends noch im Freien. Heulend zog die ganze
Meute an ihm vorbei. Plötzlich stand vor ihm ein prächtig gezäumter
Rappe und ließ ihn nicht weiter. Moser ergriff die Zügel und
schwang sich mit den Worten in den Sattel: "Es geht dahin in Gottes
Namen!" Im selben Augenblick aber lag er auf einem Maulwurfshügel,
das Roß war verschwunden.
Quelle: Oberösterreichisches Sagenbuch, Hg von Dr. Albert Depiny, Linz 1932, S. 3 - 11.