DIE SAGE VON DER KAPELLE IN ROITHAM
In Roitham bei Seewalchen lebte einst ein armer frommer Knabe, der oft zum Muttergottesbild in die Kapelle kam, um hier zu beten. Einmal wollte er der Himmelskönigin eine kleine Freude bereiten. Er hatte nämlich einen großen rotbackigen Apfel erhalten. Mit diesem eilte er zur Muttergottes, um ihr die köstliche Frucht zu schenken. Wie so der Kleine inbrünstig den Apfel empor reichte, kam Leben in das Bild. Maria neigte sich, nahm lächelnd das Geschenk des unschuldigen Kindes und wies auf Pflasterstein. Dann war alles wieder wie vorher. Der Knabe griff zitternd nach dem schweren Stein und siehe da, der ungefüge Pflasterstein ließ sich drehen und federleicht heben. Dem Knaben funkelten Goldstücke entgegen. Sein Blick wandte sich zur Himmelsmutter und diese nickte mild und gütig dem Bittenden zu. Rasch füllte sich der Junge die Taschen mit dem edlen Metall und sprang frohgemut nach Hause. Mit aller Not hatte es jetzt ein Ende. Bald hatte sich das Glück des Kindes im ganzen Dorf herumgesprochen und es wurde der Knabe so lange bestürmt, bis er den Fundplatz zeigte. Jetzt schleppten die Leute kostbare Geschenke für die Mutter Gottes herbei, aber das Bild blieb starr und kein Stein des Pflasters rührte sich. Und als man mit Gewalt das Pflaster aufbrach, fand man eine Menge Kieselsteine unter demselben liegen. Dem braven Kinde aber blieb Maria immer gewogen. In Zeiten großer Not durfte er sich in der Kapelle immer einige Goldstücke holen.
Quelle: Adolf Bocksleiter, Ein Heimatbuch, Seewalchen
1929, Seite 69