KEIN TRINKGELD VOM KAISER
Hat der Kaiser sein Zivilgewand als Jäger angelegt, so bleibt er oft unerkannt. Denn man ist ja gewohnt, ihn persönlich oder abgebildet in der Uniform eines Feldmarschalls zu sehen.
Da ereignet es sich eines Tages, daß sich drei Jäger, Franz Josef, der inzwischen zum König aufgerückte Albert von Sachsen und der Großherzog von Toskana, in den Bergen verirren.
Schließlich vernehmen sie ein knarrendes Geräusch, gehen ihm nach und treffen auf einen Karren mit zwei Ochsen, den ein Bauer führt. Franz Josef bittet ihn, sie mitzunehmen und, wenn es für ihn und sein Fahrzeug kein großer Umweg wäre, sie nach Bad Ischl zu bringen.
"Aber steigt's nur auf, ihr Jagersleut!" sagte der Bauer. "I bin eh bei Ischl z' Haus."
Nachdem die drei Jäger recht mühselig in den Karren geklettert sind, geht der Bauer wieder neben seinen Ochsen her und treibt sie ohne sonderliche Eile an. Schließlich ist die rumpelnde und nicht gar zu angenehme Fahrt beendet, die Jäger kommen gottlob wieder auf feste Erde zu stehen und sagen dem Bauern ihr Dankeschön". Franz Josef, vom Schalk geritten, kann sich nicht enthalten zu fragen:
"Weißt, Bauer, wen du jetzt herg'führt hast?"
"Wen den sonst, euch Jagersleut'."
"Paß gut auf, Bauer", spricht Franz Josef weiter. "Ich bin der Kaiser von Österreich und meine Freund' da, der eine ist der König von Sachsen und der andere der Großherzog von Toskana."
Da schüttelt sich der Bauer vor Lachen. "Ha, ha, dös kann a jeder sagn! Und daß ihr's wißt's, i bin der Kaiser von China."
Die Geschichte bleibt nicht unbeobachtet. Wie die drei verschwunden sind, kommt ein Mann auf den Bauern zu und läßt sich von ihm berichten, was denn so lustig gewesen wäre, daß er derart gelacht hat. Er erzählt es und erfährt nun, daß die drei ihn nicht zum Narren gehalten haben. Es war wirklich der Kaiser mit einem König und einem Großherzog.
Aber der beharrt und erklärt: "Dös glaub i net!"
"Ja, wenn ich's dir sag - warum glaubst es net?"
"Dös war ka Kaiser und ka König - die ham mir ja ka Trinkgeld geben."
Quelle: Friedrich Wallisch, Es hat mich sehr gefreut...
Graz 1967