DER SCHECKH VON STEYER [STEYR]

Herzog Leopold der Biedere liebte unter allen Herren und Rittern seines Hofstaates den edlen Heinz Scheckh von Steyer am meisten. War Heinz tapfer im Kriege, siegreich im Turnier, so war er doch arm wie eine Kirchenmaus.

Bei einem Turnier, das in Steyer abgehalten wurde, rannte der Ritter seinen Herzog mit solchem Ungestüm in den Sand, daß Leopold diesem Sturze bald erlegen wäre. Darob ward der Herzog erzürnt, verbannte Heinz den Scheckh von seinem Hofe und schwur, lieber sein Lieblingsdorf Pfarrkirchen zu verschenken, als dem groben Haudegen nochmals die Hand zu reichen.

Kurz darauf lud Herzog Leopold abermals die Ritter des Gaues zum Kampfspiele, befahl aber, um den armen Heinz zu ärgern und ihm die Teilnahme unmöglich zu machen, daß alle in reichster Rüstung zu erscheinen haben.

Der vom Hofe Verbannte verbrachte seine unfreiwillige Muße damit, den Bären im Waldesdickicht nachzujagen. Bei einer solchen Jagd, wenige Tage vor dem Ritterspiele, traf er einen Juden, vor zwei Strolchen flüchtend, die nach des Kaufmannes Geschmeide lüstern waren.

Der tapfere Kämpe verjagte sofort die Räuber und führte den Geängstigten mit sich nach Steyer. --

Der Tag des Turniers war erschienen. In Rüstungen, die von Gold und Edelsteinen strotzten, eilten die Ritter herbei, goldene Ketten zierten die Brust; doch alle übertraf der Herzog, der im goldenen Harnisch sein feuriges Roß tummelte. Herzog Leopold besiegte jeden Gegner, und schon glaubte man, ihm gebühre die Palme des Tages, als ein Ritter mit geschlossenem Visiere, mit niegesehener Pracht gekleidet, auf edlem Gaule dahergesprengt kam. Der Fremde überwältigte alle, die mit ihm in die Schranken traten, so daß der Herzog selber den Kampf mit ihm aufnahm. Aber ehe er sich's versah, lag er im Sande.

Die Kraft und Gewandtheit des Unbekannten ritterlich bewundernd, reichte ihm Leopold die Hand, versprach ihm ein Schloß, wenn er an seinem Hofe verbleiben würde und forderte ihn auf, das Visier zu öffnen.

Heinz Scheckh von Steyer sank vor dem Fürsten auf das Knie und gestand, daß das Gold des von ihm geretteten Juden es ihm ermöglichte, in der befohlenen Pracht zu erscheinen. Er bat um Gnade, daß er gewagt, trotz seiner Verweisung vor den Augen seines Herzogs zu erscheinen und bot demselben seinen kräftigen Arm und sein starkes Schwert auch zu ernstem Streite an.

Leopold, seines früheren Schwures gedenkend, schenkte dem wieder in Gnaden Aufgenommenen Pfarrkirchen; Heinz aber blieb ein treuer Diener des biederen Fürsten.


Quelle: Oberösterreichische Volkssagen. Gesammelt von Kajetan Alois Gloning. Ried 1884. S. 67