DER SCHWARZE HASE

I. An das alte Rauchbauernhäusl, Heilham Nr. 4, das, bereits halb verfallen, schließlich durch Blitzschlag niederbrannte, erinnert noch die Geschichte vom schwarzen Hasen.

Im Herbst wurde dort einmal gedroschen. Bauer und Bäuerin, Knecht und Dirn vertrieben sich in den Ruhepausen der schweren Arbeit die Zeit mit allerlei Scherzen. Ein Nachbarknecht, der mithalf und als Spaßmacher bekannt war, sagte zur Dirn: „Ich wette mit jedem, daß man sich auch an einem Strohhalm aufhängen kann!" „Aber der reißt doch gleich ab", meinte die Magd. „Nein, der reißt nicht ab", behauptete der Knecht, „mein Ähnl hat mir das oft genug gesagt." „Nun, so probier's halt einmal!" versetzte die neugierige Evastochter. „Gut, ich versuch's! erwiderte der kecke Bursch. „Ihr müßt mich aber wirklich gleich abschneiden, wenn ich keine Luft bekomme!" Das versprach man auch hoch und heilig. Nun suchte sich der Leichtsinnige einen besonders langen und festen Strohhalm und knüpfte sich wirklich daran an einem Balken auf. Im gleichen Augenblick rannte ein kohlrabenschwarzer Hase mit glühend roten Augen durch die Tenne. Bauer, Bäuerin, Knecht und Dirn rannten ihm nach und suchten ihn zu haschen. An den Knecht dachte niemand. Als sie endlich, erschöpft und erfolglos, in die Scheune zurückkehrten, hing der Knecht tot am Strohhalm. Der schwarze Hase aber war niemand anderer als der Leibhaftige gewesen, der sich den Frevler holte.

II. Dieselbe Sage wird auch aus Kleinmünchen überliefert.


Quelle I: Pfann Rudolf, Urfahrer Stadtrandsagen, Der Mühlviertler, 1949, 36, S. 7.
Quelle II: Depiny Adalbert, Oberösterreichisches Sagenbuch. Linz, 1932., S. 304, Nr. 527

aus: Hans Commenda, Sagen in und um Linz, in: Oberösterreichische Heimatblätter, Jahrgang 21, 1967, Heft 3/4, S. 27 - 74.