SAGEN IM BEZIRK VÖCKLABRUCK
Sr. Stefanie Kendler
Im Bezirk Vöcklabruck findet sich ein reicher Sagenschatz, teils als Sondergut, größtenteils jedoch mit analogen Sagenkernen zu Erzählungen aus anderen Gegenden, aber in neue Zusammenhänge gestellt. Hier wurde eine Auswahl der Sagen des Bezirkes in der Form von Erzählkernen versucht.
Briefmarke: 850 Jahre Vöcklabruck, 1984
S 4,50
Sammlung Wolfgang
Morscher
I. Riesen - Bergfräulein - Nixen - Zwerge
Drei Riesen schafften das Baumaterial für das Schloß Wolfsegg
herbei. Riesen wehrten sich mit Erfolg, als in ihrer Behausung, dem Burgstall
bei Zell am Pettenfirst, die Steine
für den Kirchenbau in Zell gebrochen wurden. Zwei Riesenmädchen
vom Hongar bekamen trotz ihrer Schönheit
keinen Gemahl, weil sie keine Widerrede duldeten.
Bergfräulein trockneten ihre schneeweiße Wäsche auf den
Bramhosenwiesen bei Steinbach am Attersee;
an der Mündung des Weißenbaches tanzten sie gerne.
In der Nähe von Ampflwang verliebte
sich ein Bauer in eine Bergfrau. Seine Gattin überraschte die beiden,
verzieh ihm aber. Deshalb verschonte ihn auch die wilde Frau vor dem Tod
und schenkte dem Ehepaar einen Schuh voll Gold.
Quer durch die Drachenwand bei St. Lorenz
bei Mondsee dehnte sich das Nixloch aus. Dort lebten Wasserfrauen.
Nachts badeten sie im Eibensee, wo ein Jäger sie beobachtete. Herabrieselnder
Sand verwehrte ihm den Eingang ins Nixloch. Einige Körner verfingen
sich im Gamsbart und erwiesen sich als Gold.
Den Schoberstein durchzieht eine tiefe
Felsspalte, das Geldloch, in dem Zwerge Reichtümer hüteten.
Ein armes Ehepaar tauschte dort einmal unüberlegt riesige Schätze
gegen sein eigenes Kind ein.
In einem Hohlweg nahe bei Atzbach
hausten Wichtel. Einst wollten sie einen Bürstenbinder, der dort
seinen Rausch ausschlief, fesseln. Doch er konnte sich befreien und zwang
einen von ihnen, ihm Schätze zu überlassen. Am nächsten
Morgen aber fand er nur Laub in seinen Taschen.
Die Untersberger Mandl wallfahrteten in klaren Sommernächten nach
Mariahilf in Mondsee. Mit winzigen Fackeln zogen sie singend in
die Kirche ein. Vor hohen Marienfesten wanderten sie nach Maria
Schöndorf, aber unter der Erde, und man hörte sie wunderschön
singen.
In Vollmond- oder Rauhnächten trieb die Wilde Jagd in gewissen Gegenden
ihr Unwesen. Wer ihr begegnete und sich nicht rechtzeitig auf den Boden
warf, wurde mitkommen. - Beinahe wäre ein Häusler aus Rutzenmoos
verloren gewesen. Er mußte sich auf einen Rappen setzen,
aber sein Ruf "Es geht dahin in Gottes Namen!" ließ ihn
auf einem Maulwurfshügel landen.
Bestimmte Hunde mußten sich jedesmal der wilden Horde anschließen,
vor allem schwarze und "vieräuglate". Der Oberhauser von
Aurach besaß einen solchen;
er wies über den Augen kreisrunde helle Flecken auf.
Auch die ungetauften Kinder mußten mitreiten und die Selbstmörder,
die am Anzberg bei Atzbach begraben
liegen.
In Frankenburg wurde einmal eine Einheimische
im Teufelsgespann der Wilden Jagd gesehen. Im Pumperhölzl bei Zell
am Pettenfirst war immer wieder ein donnerähnliches Grollen
zu hören; der Name erinnert daran. Einmal begegnete dort einem Zeller
ein wilder Bursche und bot ihm in einer brennenden Butte glühende
Sauhaxen an.
II. Vergrabene Schätze
Ein Bauer aus Steinbach am Attersee
glaubte beim Heimgehen, sein Haus stehe in Feuer. Doch ein ehemaliger
Knappe klärte ihn auf, daß das Silber im längst aufgelassenen
Bergwerk "arbeite" und deshalb leuchte.
Weil ein Mondseefischer beim Heben
einer Goldkiste aus der Tiefe einen Jubelschrei nicht unterdrücken
konnte, versank diese wieder im Wasser.
In Oberwang fällte ein Bauer
am ersten Goldenen Samstag eine Eiche und nahm einige ihrer Eicheln als
Spielzeug für seine Kinder mit. Da waren sie reines Gold.
Einst wohnte in Steinbach am Attersee
- angeblich im Haus Nr. 10 eine Gräfin. Sie ließ einen Taglöhner
im Gebirgsstock der "Brennerin" nach edlen Metallen suchen.
Weil er aber verunglückte und tot heimgebracht wurde, reiste die
Gräfin sofort ab.
III. Hexen - Zauberei - Teufel
Während eines Spinnabends in Manning
behauptete die Dirn Liesl, sie könne sich in einen Wergrupfen verwandeln,
aber niemand dürfe sie beim Namen nennen. Sie ging hinaus, und gleich
kollerte ein Flachsballen herein. Vor Schreck rief eine Dirn: "Liesl,
bist du es wirklich?" Da erhellte ein Kugelblitz die Stube, der Wergballen
war zu einem Aschenhäuflein verbrannt, und' Liesl blieb verschwunden.
Beim Hexentisch, einem tischförmigen Stein an der Mündung des
Weißenbachs in den Attersee,
versammelten sich früher die Hexen zur Mettenzeit, hielten ihr Mahl
und tanzten.
Ein Schneider in Seewalchen brachte
seiner Frau von der Stör Hexenschmiere mit. Während sie Butter
rührte - den Kübel hatte sie mit der Schmiere bestrichen - klopfte
jemand ans Fenster und verlangte ihr Leben. Sofort warf die Frau die Schmiere
zum Fenster hinaus.
Ein Knecht des Bauern Hansen z'Eck in Aurach
hieb einmal während der Holzarbeit zwei Messer in eine Tanne
und molk Milch heraus. Da nach der Aussage der Bäuerin am selben
Tag eine Kuh statt Milch Blut gegeben hatte, wurde der Knecht entlassen.
Der Mühlknecht vom Kletzlmüller in Altenberg
mußte während einer Mette das Haus hüten, kam den Zauberbüchern
des Müllers auf die Spur und las darin. Gerade noch rechtzeitig kam
dieser heim, warf den durch die Zaubersprüche herbeigelockten wild
grunzenden Schweinen Linsen vor und las voller Hast den gelesenen Text
zurück. Zum Glück war er eher mit dem Lesen als die Schweine
mit dem Fressen fertig, und diese verschwanden.
Ein Fuhrmann aus dem Hausruck hatte beim Hagerwirt in Attnang
gerastet und wollte weiterfahren, aber sein Wagen war "gebannt".
Trotz seiner Bitten und Drohungen in der Gaststube meldete sich kein Täter.
Nun durchschlug er die mit einem Kreuz bezeichnete Speiche des rechten
Vorderrades. Er konnte weiterfahren, aber in der Gaststube lag ein Handwerksbursche
mit gespaltenem Bein.
In Regau hatten die Zigeuner ein Bauernhaus,
in dem sie oft Quartier nahmen, feuerfest gemacht, so daß der brennende
Kirchturm, der einmal in den Hof des Hauses fiel, kein Unheil stiftete.
Ein Schulmeister in Wolfsegg "segnete"
die Gewitter, indem er Kreuze in die Luft zeichnete und Sprüche hersagte.
Die Gewitter zogen meist nach Schwanenstadt weiter.
Der Teufel besitzt nur Scheingold und muß es deshalb immer wieder
sonnen Fassen, damit es den Glanz behält. In Ottnang
beobachteten ihn Leute dabei; als sie aber näher kamen, sahen sie
nur Glasscherben und Kohlenstücke.
Der Teufelsbauer in Aurach, ein arger
Flucher, mußte einmal auf dem Heimweg von Vöcklabruck mit dem
Teufel kämpfen. Sein Begleiter konnte ihn zwar mit einem kräftigen
Gebet vor dem sofortigen Tod retten, aber er siechte dahin und starb unbußfertig.
Als die Leiche eines Bauern aus Walchen
nach Vöcklamarkt gebracht werden sollte, konnten die Leichenträger
an einer Kreuzsäule nicht vorbei. An dieser Stelle nämlich hatte
sich der Bauer einst mit dem Teufel verschworen.
Der starke Friedl von Ottnang besaß
die Fähigkeit, die Stärke seiner Pferde auf sich zu übertragen
und nahm es dann mit jedem, sogar mit dem Teufel auf. immer blieb er Sieger,
erst mit zunehmendem Alter schwanden seine Kräfte, und der Teufel
holte ihn.
Ein Attergauer Bauer fluchte beim
Eisschießen, sooft er Pech hatte. Da gesellte sich ein Fremder mit
Hund und Eisstock zu ihnen und gewann laufend. Einen der Mitspieler überkam
das Gruseln, er schlug ein Kreuz, und der Spuk verschwand. Abscheulicher
Schwefelgeruch lag in der Luft.
Eine Dirn aus der Atzbacher Gegend
hatte einst durch eine leichtfertige Rede den Teufel zum ständigen
abendlichen Besucher und Begleiter auf den Tanzboden bekommen. Endlich
wurde sie seiner überdrüssig und steckte nach dem Rat einer
alten Frau Kulkraut ans Fenster. Der Teufel zerplatzte mit lautem Krach,
die Dirn wurde tot aufgefunden.
Mondseefischer beobachteten mehrmals
einen pechschwarz gekleideten Fischer, an dessen Einbaum eine Seitenwand
fehlte. Voll Ärger rief ihm einer zu, auf solch unehrliche Weise
könne auch er anderen das Handwerk stören. Der Fremde verschwand'
unter lautem Krachen, rächte sich aber später durch heftigen
Wind für diese Verhöhnung.
Mit den Weyreggern vereinbarte der
Teufel, ihnen über Nacht eine Brücke über den Attersee
zu bauen. Als Lohn forderte er jeden zehnten, der darübergehen würde.
Vor der Vollendung seines Werkes krähte der erste Hahn, und es versank
bis auf ein kleines Stück, das heute noch sichtbar sein soll. Der
hl. Wolfgang zwang den Teufel zur Hilfe beim Kirchenbau auf dem Falkenstein
und versprach ihm dafür den ersten Kirchenbesucher. Dazu wählte
der Heilige aber ein Schwein. In rasender Wut über diese List durchstieß
der Teufel mit seinem Opfer die Mauer rechts vom Eingang. Das Loch läßt
sich nicht ververmauern, nimmt aber jedem, der durchschlüpft, Krankheiten
weg.
Daß ein "Zwickel", ein geweihtes Brotstück, gegen
den Teufel schützt, erfuhr ein Bauer aus Seewalchen,
als er, von einem Gejammer im Wald angelockt, zu Hilfe kommen wollte.
Ein Bursche "stand" aus Obermut und Neugier - um die Hochzeiten
und Todesfälle des Dorfes im vorhinein zu erfahren - am Kreuzweg
bei Schlatt im "Kreis".
Der Teufel versuchte ihn mit einer Meute Hunde und einer brennenden Heufuhr
aus dem Kreis zu jagen, was ihm nicht gelang.
Einst wollte sich der Teufel eine böse Burgfrau aus dem Attergau
holen und durchstieß mit ihr, weil er zuwenig Schwung hatte, die
Drachenwand. Eine andere Erzählung weist dasselbe Schicksal einer
Pfarrersköchin zu. Sie hatte noch Tage nach dem Faschingsdienstag
in der Teufelsmühle am Fuß der Drachenwand getanzt.
IV. Freveltaten und ihre Bestrafung
Eine Attnanger Bäuerin hechelte
auch in einer Rauhnacht Flachs. Eine Hexe schlich herein und schrie ihr
eine arge Verwünschung zu. Tatsächlich fiel die Frau in die
Hechel und starb an den Verletzungen.
Ein Bursche aus der Gegend um Frankenburg
ließ sich dazu verleiten, einem weißen Hirsch in der Heiligen
Nacht aufzulauern. Als das Wandlungsglöcklein der Mette ertönte,
winselten die Hunde, und der Hirsch stand vor ihm. Der Bursche wurde am
nächsten Tag tot aufgefunden.
Knechte eines Mondseer Bauern blieben
in einer Mettennacht daheim und spielten Karten. Die Hunde sollten für
sie gehen, lästerten sie. Mit den zurückkehrenden Mettengängern
stürzte ein schwarzer Hund mlit glühenden Augen in die Stube
und schrie, auch er komme von der Mette zurück. Das Haus krachte
in allen Fugen.
In Loibichl am Mondsee schändete
eine Bäuerin jeden Sonn- und Feiertag, indem sie, statt zur Messe
zu gehen, verschiedene Hausarbeiten verrichtete. Am Leopoldtag, einem
großen Feiertag damals, buk sie sogar Brot, zog aber dann nicht
Brotlaibe aus dem Ofen, sondern Steine.
In St. Georgen im Attergau verwendete
eine Frau ein Marienbild als Hühnerstallsperre. Weil der Wind es
umwarf, entkamen die Hühner. Vor Zorn hieb die Frau mit einer Hacke
auf das Bild ein, auf dem sofort ein blutroter Streifen entstand, den
sie nicht entfernen konnte. Als Gnadenbild von Attersee zog es später
viele Wallfahrer an.
Von einem Ottnanger Jäger geht
die Sage, daß er aus Obermut auf ein Marienbild im Wald schoß,
daraufhin stumm und irr und wie ein Hund bellend umherzog. Eine Marienstatue
in Schöndorf mußte sich
einmal gegen einen Räuber wehren, der ihr den kostbaren Ring von
der rechten Hand ziehen wollte. Sie krümmte den Finger und hielt
den Gauner fest, bis ihn der Mesner am nächsten Tag entdeckte und
dem Gericht überstellte.
Ein Heilbründl auf der Pfarrwiese bei Steinbach
am Attersee half gegen Hautkrankheiten, bis ein Bauer seinen räudigen
Hund hinzuführte. Es versiegte, doch ein ständig nasser Fleck
auf der Wiese soll es anzeigen.
V. Arme Seelen - Spuk - Gespenster
In der Hener-Waberl-Grube in der Nähe der Pfarrkirche von Gampern
trieben früher um Mitternacht die Seelen unbußfertig Verstorbener
ihr Unwesen und jagten den Vorbeikommenden Schrecken ein.
Die Bucheinmandl, ebenfalls arme Seelen, von denen man nur einen ausgestreckten
Arm mit einer Fackel aus Buchenholz sehen konnte, begegneten in Sommernächten
manchmal den Mondseefischern. Einer
erbat sich spaßhalber von einer Fackel Tabakfeuer, mußte sich
aber dann mit aller Kraft dagegen wehren, in die Tiefe gezogen zu werden.
In Wolfsegg begegneten einmal nachts
mehrere Leute einem Mann mit einem großen Feldstein auf der Schulter.
Auf seine Frage, wohin er diesen setzen solle, riet ihm einer schlagfertig,
dorthin gehöre er, wo er ihn genommen habe. Der Rat wurde befolgt,
und die seltsame Erscheinung des Mannes, der zu seinen Lebzeiten oft zu
seinen Gunsten Feldsteine versetzt hatte, verschwand.
Die Rödbauernleute von Seewalchen
müssen heute noch für ihren Geiz "umgehen". Um vom
Teufel ein Geschenk zu bekommen, mußte es dem Bauern gelingen, seine
Tochter vom Mettengang zurückzuschicken. Sie blieb spurlos verschwunden,
im Stall aber stand' ein riesiger schwarzer Stier, der Ungeheures leistete.
Als er dem Bauern unheimlich wurde, wollte er ihn verkaufen. In der Nacht
vorher aber starb das Ehepaar. Beim Totengräber Wohlgemut in Atzbach
meldete sich ein naher Todesfall in der Werkstätte an: Das Werkzeug
begann zu poltern.
Der letzte Besitzer des Schlosses Wolfsegg
ließ seine schöne Tochter Elsbeth lebend in eine Zelle einmauern,
um sie vor ihrem Geliebten aus niederem Stand zu schützen. Das Mädchen
starb und wandert heute noch um Mitternacht im Schloß umher, wenn
der Umgebung Unheil naht.
Im Schloß Walchen lebte im 18.
Jh. die Gräfin von Kurland, Dorothea Joh. Jos. von Schallenberg.
Aufgrund' ihrer verhängnisvollen Gabe des Zweiten Gesichtes wußte
sie den Pesttod ihrer vier Kinder im voraus. In weißem Gewand und
unter Seufzen erscheint sie an unbeleuchteten Fenstern des Schlosses,
womit sie Unglück ankündigt.
VI. Entstehung von Seen, Burgen, Kirchen
. . .
Wo heute der Mondsee liegt, soll
vor vielen Jahren eine Burg inmitten fruchtbarer Äcker gestanden
sein. Ihr letzter Besitzer war gewalttätig und gottlos und verspottete
die Dorfbewohner, als sie sich auf die Weisung eines Traumes ihres Pfarrers
hin etwas entfernt hügelan niederließen. In der folgenden Nacht
verschlang das Wasser, vom Himmel und aus der Erde kommend, die Burg mitsamt
ihren zechenden Insassen. Der sich bildende See nahm die Mondgestalt an.
Von der Entstehung des Zeller-, Irr- oder
Jungfernsees erzählen mehrere Sagen: Eine berichtet vom Schloß
eines Zauberers, der den Talbewohnern nur Böses zufügte und
es auf die Zerstörung des Salzbergwerkes in Bad Ischl abgesehen hatte.
Er schickte ihnen einen verschlossenen Topf zur Erprobung des Inhalts,
den sie aber zurückwiesen. Der Bote selbst öffnete ihn aus Neugierde
auf dem Heimweg. Wasser strömte unaufhaltsam heraus, überschwemmte
die ganze Gegend und zog das Schloß in die Tiefe. Manchmal kann
man einen unheimlichen Mann in seinem Boot über den See irren sehen.
Jungfernsee heißt er mit dem sagenhaften Hinweis auf zwei völlig
gegensätzlich geartete Schwestern. Die eine war geizig, verschwenderisch
und gottlos, die andere fromm und wohltätig, nach einer Sage auch
blind. Jedenfalls entlud sich der Zorn des Himmels wegen der ersteren
über beide und ließ ihr Schloß im Wasser versinken. Ein
weiser und gerechter Besitzer von Altwartenburg
war der Bruder des Pilatus und wurde von diesem nach Jerusalem gerufen,
als er über Christus urteilen sollte. Der Burgherr kam zu spät,
und aus Kummer über die ungerechte Verurteilung Christi nahm er sich
das Leben. Die Knechte daheim warteten umsonst auf seine Rückkehr.
Vielleicht aber geht der Name der Burg auf den Ruf "Wart' an der
Burg!" zurück, den jeder Ritter zunächst befolgen mußte,
wollte er zum Turnier zugelassen werden. Die Bewohner von Kemating
bei Seewalchen planten ihre Kirche auf dem Hausberg und schleppten dorthin
das Baumaterial. In zwei aufeinanderfolgenden Nächten jedoch trugen
es Engel auf dien Platz, wo sie heute steht.
Zum Bau des Vituskirchleins auf der
Anhöhe wurden die Oberregauer förmlich gezwungen, denn die Zugtiere
scheuten plötzlich und rasten trotz ihrer schweren Steinfuhr hinauf.
Die Leute von Zell am Pettenfirst
verdanken ihr schönes, großangelegtes Gotteshaus einem Baumeister,
der aus lauter Gschaftigkeit" die Baupläne von Zell a.
P. und Neukirchen a. d. Vöckla verwechselte. Weil die Innviertler
nicht länger den weiten Weg näch Zell a. P. zurücklegen,
sondern einen nähergelegenen Wallfahrtsort haben wollten, sollte
jeder Wallfahrer bis zum "Urhammer"
einen Stein mit sich tragen. Allmählich türmte sich dort ein
riesiger Berg solcher Stein als Baumaterial. Doch zum Bau kam es nicht,
da niemand die Kosten tragen wollte.
Mangels einer entsprechenden Unterkunft sperrte einer der durchziehenden
Soldaten seinen Schimmel in der Kirche von Pichlwang
ein. Er ließ ihn zurück, als sie vor ihren Gegnern fliehen
mußten. Vor Hunger zerrte der Schimmel am Glockenstrang, holte auf
diese Weise seine Befreier herbei und verhalf dem Kirchlein zum Namen.
Die Kirche von Desselbrunn ist nach
der Sage eine Stiftung des bayerischen Herzogs Tassilo, der sich auf der
Jagd in den Wäldern zwischen der Ager und Traun verirrte, endlich
eine Quelle entdeckte und von ihr aus wieder die Orientierung fand.
Die Pfullinger, einstige Herren von Mondsee
und der Umgebung, überfielen aus schändlicher Rache den Abt
Konrad auf seinem Heimweg vom Gottesdienst in Oberwang und töteten
ihn. An der Stelle der Mordtat entsprang eine Heilquelle, über der
eine Kapelle gebaut wurde.
Von einer sogenannten "Zügenglocke" im Kirchturm von Steinbach
a. A. erzählt die Sage, sie sei in der Nähe der Großalm
von einem Hirten gefunden und ausgegraben worden. Man wollte sie nach
Neukirchen befördern, aber vier Pferde brachten sie nicht von der
Stelle, während ein paar Kälber sie leicht nach Steinbach zogen.
Einer anderen Sage nach soll der Kirchenbau von Steinbach
auf dem "Kreuzbüchel" begonnen worden sein. Doch die Waldvögel
verschleppten die Holzabfälle immer wieder auf den heutigen Standplatz
der Kirche, was die Bauleute veranlaßte, vom ersten Plan abzugehen.
Die Tochter des Mondseer Baders Löbl
behauptete trotz aller Einwände ihrer Familie, am Grunde des Hausbrunnens
ein Marienbild zu sehen. Tatsächlich holte man eines herauf, konnte
es aber im Baderhaus nicht festhalten". Es wurde später
in die Mariahilfkirche übertragen.
Die Kapelle in Auleiten bei Frankenmarkt
errichtete die Bevölkerung für ein Marienbild, das jemand im
Wald an einem Baum gefunden hatte und das immer wieder an diese Stelle
zurückkehrte.
Weil der schottische Jerusalempilger Koloman auf dem Berg nahe bei Mondsee
gerastet hatte, baute man dort eine Kapelle und benannte sie und den Berg
nach dem Heiligen. Etwas unterhalb von ihr sprudelt noch heute Quellenwasser
gegen Augenleiden.
Am Weg zwischen Atzbach und Weigensam
verweist ein Marterl auf den Segen des rechten Betens: Während der
Bauer Söllner den "Engel des Herrn" betete, weil gerade
die Aveglocke läutete, pflügte ein Engel den Acker fertig.
VII. Pestzeit
Von einem Menschenpaar, einem Mann in Fasching
bei Unterach und einer Frau in Weyregg,
stammen alle Einheimischen rund' um den Attersee ab.
Nur diese beiden hatte die Pest verschont. Sie wurden durch die Rauchsäulen
ihrer Häuser aufeinander aufmerksam und ruderten einander auf dem
See entgegen.
Quellenangaben:
Zu I.:
Adalbert Depiny, OÖ. Sagenbuch, 1932: 4/15, 16;
11/63; 12/67; 28/15; 29/21; 31/16; 32/20; 34/33; 36/46; 39/60; 41 /71;
47/7.
OÖ. Heimatblätter, Jg. 23/1969, Sonderdruck: 57/50; 61/66; 62/68.
Zu II.:
Adalbert Depiny, OÖ. Sagenbuch, 1932: 64/24; 72/77; 82/132. Joh. Nepom. Rauch: Zur Geschichte des Schulwesens im Schulbezirke Vöcklabruck, 1884.
Zu III.:
Franz Braumann, Sagenreise durch Oberösterreich,
z. Aufl., 1970: S. 37 ff.
Adalbert Depiny, OÖ. Sagenbuch, 1932: 165/15; 172/75; 176/104; 185/169;
186/174; 197/223; 201/248; 211/307; 221/372; 232/47; 236/70; 238/81; 240/93;
250/171; 252/180; 277/351; 284/397;297/481.
DÖ. Heimatblätter, Jg. 23/1969, Sonderdruck: 58/52.
Zu IV.:
Adalbert Depiny, OÖ. Sagenbuch, 1932: 150/51;
152/67; 157/97; 292/447; 343/167; 363/298; 364/302.
Gisela Frank: Aufzeichnungen nach mündlichen Berichten ihres Großvaters
Dr. Oskar Schmotzer.
Zu V.:
Franz Braumann, Sagenreise durch Oberösterreich:
S. 116 ff. Adalbert Depiny, OÖ. Sagenbuch, 1932: 87/28; 101/128;
103/144; 135/127.
Gisela Frank: wie oben. Kajetan A. Gloning, Oberösterreichische Volkssagen,
z. Aufl., 1912: S. 101.
Zu VI.:
Adalbert Depiny, OÖ. Sagenbuch, 1932: 143/17;
144/20, 21; 149/46; 323/39; 324/45; 327/65; 339/147;340/151;355/251;373/25;377/55;406/284.
Joh. Nepom. Rauch: Zur Geschichte des Schulwesens im Schulbezirke Vöcklabruck,
1884.
Gisela Frank: wie oben.
OÖ. Heimatblätter: wie oben.
Zu VII.:
Adalbert Depiny, OÖ. Sagenbuch, 1932: 412/341.
Sr. Stefanie Kendler in: Der Bezirk Vöcklabruck,
Eine Zusammenschau verfaßt von einer Arbeitsgemeinschaft, Linz 1981