DAS BERGMÄNNLEIN BEIM TANZ
Alte Leute zeigten für wahrhaftig an, daß auf eine Zeit ein Bauer seine Hochzeit zu Glaß im Dorf, eine kleine Viertelmeile von der Stadt Salzburg und über eine Stunde von dem Wunderberg entlegen, gehalten hat; darauf ist ungefähr ein Bergmännlein gekommen, das mischte sich freundlich unter die Hochzeitgäste, ermahnte alle, in Ehren fröhlich und lustig zu sein, und verlangte, auch mittanzen zu dürfen, und dieses Verlangen wurde ihm auch nicht verweigert. Darauf machte es mit einer und der andern ehrbaren Jungfrau allezeit drei Tänze, und zwar mit so sonderbarer Zierlichkeit, daß die Hochzeitsgäste mit Verwunderung und Freude zuschauten. Nach dem Tanze bedankte es sich und verehrte der Braut drei Batzen, dem Bräutigam auch drei Batzen und ermahnte beide, sie sollten künftighin friedlich hausen, christlich leben, fleißig beten und arbeiten und bei einem frommen Wandel ihre Kinder zum Guten erziehen. Indessen ist es noch bei ihnen geblieben und nahm von jedermann Trunk und Speise, die man ihm darreichte, doch nur etwas weniges; gleichwohl ist es ein wenig bezecht worden, nahm nun Urlaub und sprach zu den Brautleuten: "Ihr werdet an meinen geschenkten Batzen euer lebelang genug haben, wenn ihr sie zu euerm andern Gelde legt." Dann bat er, daß ein Mann ihn überführen möge über die Salza.
Nun war bei der Hochzeit ein Schiffmann, namens Johann Ständl, der machte sich eilfertig auf, und sie gingen miteinander zur Überfahrt. Der Mond schien gar helle, und der Schiffer begehrte auf dem Wasser seinen Lohn; das Bergmännlein reichte ihm in Demut drei Pfennige. Dieser geringe Lohn hat den Fährmann gar hart verdrossen, aber das Männlein sagte zu ihm: "Lieber Fährmann, laß dir die drei Pfennige nicht verschmähen, sondern behalte sie wohlauf mit allem Fleiß, so wird dir dein Geld niemalen zerrinnen noch mangeln." Und schenkte ihm auch noch ein Steinlein, sprechend: "Das hänge an deinen Hals, so wirst du nimmermehr ertrinken."
Und nach der Hand geschah es, daß der Fährmann bei Laufen in ein Wasser fiel und über eine Viertelstunde darin lag, und hat ihm das im geringsten nicht geschadet. Und die drei Pfennige, als er sie zu seinem Geld gelegt hatte, brachten hervor, daß des andern Tages die Truhe voller Geld war. So dankbar erzeigte sich das Bergmännlein.
Quelle: Volkssagen, Mährchen und Legenden
des Kaiserstaates Österreich, Ludwig Bechstein, 1840