DER WUNDERBAUM

Nächst Salzburg steht ein kleines Dorf, Wals genannt. Um dasselbe befindet sich eine Heide, die Walserheide. In der Mitte derselben steht ein Baum, von dem man folgendes erzählt: Diesen Baum - es ist ein Holzbirnbaum -, der noch nie geblüht und daher auch nie Früchte getragen, versuchte man in früheren Zeiten vergeblich zu entfernen. Er wuchs immer wieder nach, und so wuchs er nach und nach zu jenem großen stattlichen Baume heran, wie ihn jetzt jedermann sehen kann. Nun wollen die Leute wissen, wenn er blühe und Früchte bringe, werde ein gewaltiger Krieg entstehen und Kaiser Karl, welcher im Untersberge schläft, werde erscheinen und den Österreichern hilfreich zur Seite stehen. Im Jahre 1847, nach andern 1849, blühte auf einmal der Baum, und im Herbste trug er reichlich Früchte. Dieses Ereignis setzte die ganze Stadt in Bewegung; alles was nur konnte, eilte hinaus auf die Heide, um das Wunder zu sehen. Die Leute hoben sich die kleinen Holzbirnen so lange auf, als es nur möglich war, und hielten sie hoch in Ehren.


Quelle: Vernaleken, Theodor, Alpensagen, Wien 1858, S. 66