DIE RUINEN BURGSTALL UND EDENFEST

Nordöstlich hinter dem Pfarrdorfe Thomatal, an der Straße nach Ramingstein, befinden sich auf einem Vorhügel des Schwarzenberges die Überreste eines alten Schlosses. Auf dem kegelförmigen Hügel sind noch Mauerreste, besonders an der Einsattelung gegen den Schwarzenberg hin, zu erkennen. Über die einstmalige Burg und deren Bewohner herrscht tiefes Dunkel, und kein Mensch weiß etwas davon zu berichten. Geschichte und Sage schweigen hierüber. Danach mag es wohl schon an die tausend Jahre her sein, daß diese Burg gestanden, und dies ist um so wahrscheinlicher, als sich schon bald nach Verdrängung der Slawen im 8. Jahrhundert bajuwarische Edle in Thomatal niedergelassen hatten. Bezeichnend dafür, daß an diesem Orte einst eine Burg stand, ist auch, daß das Bächlein, das an dieser Stelle vorbeifließt, „Burgbach" und der wilde Graben, in den es herniederrinnt, „Burggraben" genannt wird.

Einige hundert Schritte oberhalb dieser Burgruine, im Burgstallgraben, tritt eine mächtige Goldader zutage, daran sich nach dem Volksausdruck „die Schweine wetzen können", denn sie sei nur von einer dünnen Moosschicht überzogen und man brauche diese nur zu beseitigen, so leuchte einem hellglänzendes Gold entgegen. Wer diese Goldader fände, wäre der reichste Mann weitum.

Eine halbe Stunde westwärts von Thomatal, am Ausgang des Bundschuhtales, liegt die Burgruine Edenfest. Von ihr sind noch zahlreiche Trümmer sichtbar. Aus den Mauerresten dieser Burg zu schließen, dürfte sie um mehrere Jahrhunderte jünger als jene im Burgstall nächst Thomatal sein. Doch ist auch von dieser Burg und dem einst hier hausenden Geschlechte nichts Näheres bekannt, und so ist über ihre Vergangenheit tiefes Dunkel gebreitet. Nur das eine weiß man zu erzählen, daß vor vielen hundert Jahren die Margarethe Maultasch hier gewesen sei und von der Ruppenbauern-Anhöhe herüber die Burg Edenfest beschossen und zerstört habe.

In der dem heiligen Georg geweihten Kirche zu Thomatal soll am linken Seitenaltar die Gruft der alten Herren von Edenfest gewesen sein. Auch die Familienmitglieder jenes Edel-geschlechtes, das einst in grauer Vorzeit in der Burg, welche hinter Thomatal lag, gehaust hat, sollen hier begraben liegen. Das Presbyterium dieser Kirche soll einst die Burgkapelle dieses Edelgeschlechtes gewesen sein.


Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volkssagen, neu bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 84