DAS OSTERFEUER UND DIE FRANZOSEN
In der Osternacht erglänzen in den Tälern des Lungaues zahlreiche Feuer und das fröhliche Jauchzen des Volkes vermischt sich mit dem dumpfen Dröhnen der Böller aus nah und fern. Fast jeder Bauer und Kleinhäusler brennt Osterfeuer. Und wenn er sonst nichts hat, so nimmt er ein Bündel Stroh und den Palmbesen vom vorigen Jahr, geht damit aufs Feld, steckt dort beides an einen Pfahl und zündet das Ganze an. Dieser schöne Brauch wird auch heute noch geübt und jung und alt erhebt sich zur mitternächtigen Stunde vom Lager und geht hinaus auf die umliegenden Felder, um das Osterfeuer anzuzünden.
Im Jahre 1797 waren die Franzosen auf ihrem Kriegszuge auch in den Lungau eingedrungen und hielten sich dort längere Zeit auf. Als nun in der Osternacht ringsum die Feuer auflohten und von allen Seiten die Böller erdröhnten, glaubten sich die Franzosen überall von Feinden umgeben. Da machten sie sich schnell auf und eilten in wilder Flucht von dannen. Als der Ostermorgen graute, war kein Franzose mehr zu sehen. Sie waren über alle Berge gezogen, und der Lungau war endgültig von ihnen befreit.
Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volkssagen, neu
bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 48