DER SCHWARZE HUND

Der alte Bramöbauer in Lessach ging einmal um Mitternacht von Tamsweg nach Hause. Wie er zur Thurnschallbrücke kam, wo der Weg zur Ruine Thurnschall hinanführt, stand plötzlich ein schwarzer Hund an seiner Seite, worüber der Bauer nicht wenig erschrak, da er ihn zuvor noch nie gesehen. Der Hund begleitete nun den Bauern eine Strecke Weges und tat, als ob er der seinige wäre. Als sie zur Ruine Thurnschall kamen, begann der Hund gar kläglich zu winseln und suchte den Bauer auf allerlei Weise zu bewegen, ihm zur Burgruine zu folgen. Doch der Bauer achtete nicht auf das absonderliche Gebaren des Hundes und ging seines Weges. Oberhalb Thurnschall verschwand der Hund so plötzlich, wie er aufgetaucht war. Der Bauer wollte nun nach ihm sehen und ging eine Strecke Weges zurück. Er konnte aber nirgends die geringste Spur mehr von dem Hund entdecken, obwohl Neuschnee gefallen war und auch der Vollmond die Landschaft fast taghell beleuchtete. Da überkam den Bauern plötzlich ein solcher Schrecken, daß er nicht mehr wußte, wie er nach Hause kam. Hätte er aber den Hund nicht aus den Augen gelassen und wäre er ihm gefolgt, so hätte ihn dieser zu den Schätzen von Thurnschall geführt.


Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volkssagen, neu bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 81