DIE SCHÄTZE IN FINSTERGRÜN
Ein armer, braver Hüterbub aus Ramingstein diente bei einem geizigen Bauern, der ihm nicht einmal genug zum Anziehen gab. Als es ihm einmal gar zu kalt wurde und er den Bauern um einen Schalk" (= Überrock) bat, fertigte der ihn mit groben Worten ab und sagte, er solle sich aus den Kellergewölben der Buine den Schatz suchen, dann könne er sich selber den schönsten Überrock kaufen. Der Hüterbub nahm die Spottworte des Geizhalses für bare Münze und machte sich richtig auf den Weg zur Ruine. Er fand tatsächlich ganze Haufen Goldes, nahm sich aber nur so viel, als er für den Überrock brauchte. Darüber war großes Staunen in ganz Ramingstein; viele waghalsige Männer machten sich auf, um den Schatz zu suchen, aber gefunden hat ihn noch keiner.
Bevor der Faulturm um die Jahrhundertwende bei den Aufbauarbeiten zum neuen Schloß zugeschüttet wurde, ließ sich einmal ein besonders beherzter Bursche in ihn hinunterseilen. Seine Freunde, die das Seil hielten, glaubten schon, der Böse selber ziehe am Seil, weil gar kein Ende herging. Plötzlich hörten sie einen herzzerreißenden Schrei und zogen und zogen. Als endlich der Bursche wieder zum Vorschein kam, waren seine Haare schneeweiß und in der Hand hielt er Menschenknochen, güldene Reifen und kostbare Spangen. Auf die Frage, was er denn da unten gesehen habe, schüttelte er nur den Kopf. Wie sehr sie ihm auch mit den Fragen zusetzten, er blieb stumm und erlangte seine Sprache zeit seines Lebens nicht mehr.
Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volkssagen, neu
bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 90