Der Zauberer-Jackl und die Bäuerinnen
Es war im Sommer in der Mahdzeit, als die Fanningberger Bauern in den
unterhalb des Moserkopfes (nördlich von Mauterndorf) gelegenen Langwiesen
(Berg- und Almwiesen) mit Mähen und Heuen beschäftigt waren.
Dorthin pflegen auch heute noch die Fanningberger Bäuerinnen ihren
Leuten das Mittagessen zu tragen. - Um eine solche Zeit ging der Zauberer-Jackl
einmal auf den Fannigberg hinauf. Da begegnete ihm eine Bäuerin mit
Essen. Der Jackl rief sie an und sagte: "Geh, hast nit an Biss'n
übrig für mi, i wa voll Hunga!" - "A, waschta nit,
i hab nix für di, dos Ess'n g'hecht (gehört) en Leut'n in da
Wies'n drob'n!" sagte die Bäuerin und ging weiter. Nicht lange
darnach kam eine zweite Bäuerin daher, und der Jackl wiederholte
seine Bitte. Die Bäuerin langte darauf in den Eßkorb hinein
und sagte: "No, da hast a poa Krapfn, mehr kann i da nit geb'n, sist
homb die Leut z'weaning." Der Jackl bedankte sich dafür, und
die Bäuerin ging wieder weiter. Der zweiten Bäuerin folgte eine
dritte nach. Wie diese des Jackls ansichtig wurde, rief sie ihm zu: "Jo,
da Jackl ist a do! Geah mit, kannst mit ins ess'n!" Dies ließ
sich der Jackl nicht zweimal sagen und ging mit. Droben auf der Wiese
breitete die Bäuerin auf dem Boden ein Tuch aus und stellte das Essen
darauf. Die Mahdleute setzten sich in der Runde herum und der Jackl mit.
Nach dem Essen sagte der Jackl zu den Leuten: "So, teats amol a biß!
Heudöhn [schlummern] hiatz." Die Leute legten sich daraufhin
seitwärts ins Gras und hielten ein Schlummerstündchen. Unterdessen
nahm der Jackl ein paar Stäbchen in die Hand und schlug damit vor
sich auf den Boden ins Heu, daß die Heubüschl nur so herumflogen.
Und merkwürdig! Alles Heu flog in die Heuschupfe hinein. Als das
ganze Heu wohlgeborgen in der Schupfe lag, ging der Jackl zum naheliegenden
Bächlein hinüber und machte sich dort zu schaffen. Gleich darauf
fing es an zu regnen. Sobald die Leute den Regen spürten, wurden
sie wach, und da sahen sie mit Staunen, daß die ganze Wiese schon
geheut
war und das Heu sich wohlgeborgen in der Schupfe befand. In den Nachbarwiesen
aber hatten sie noch das meiste zum Heuen als der Regen kam. So hat sich
der Jackl fürs Essen bedankt.
Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volksleben. Schilderungen und Volksbräuche, Geschichten und Sagen aus dem Lungau, Tamsweg 1913; neu bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957 S. 168f.