Das Käsmandl und der Jäger
Ein Jäger, der den Tag über in den Wäldern des Lessachwinkels herum gepirscht hatte, kam beladen mit einem starken Rehbocke, den er erlegt hatte, todmüde zu einer Almhütte, um sich in derselben etwas auszuruhen und zu erfrischen. Eben hatte er Feuer angemacht und wollte ein Stück seiner Jagdbeute an demselben braten, als plötzlich das Käsmandl aus der Milchkammer heraus zum Jäger kam. Der kümmerte sich aber nicht um das Mandl, sondern war mehr um seinen Rehbraten besorgt; nun brachte das Käsmandl einen Frosch zum Vorscheine, den es nebenbei braten wollte, dabei betastete es aber lüstern den Braten am Spieße, der bereits tüchtig zu schmoren anfing. "Dein Fleisch", meinte es endlich, "prasselt und schmilzt; meines nicht!" und betastete wieder den Braten, als wollte es gerne ein Stücklein für sich abbekommen. Der Jäger aber, selbst über die Maßen von Hunger gequält, hatte keineswegs die Absicht, sich einen ungebetenen Gast zu Tische zu laden, und klopfte das Käsmandl derb auf die Finger, so daß es vor die Almhütte sprang und in Lessacher Mundart den Bergen klagte:
"Daselb'n tho hat mi g'schlag'n!"
(Der da hat mich geschlagen!)
und das Echo antwortete:
"Selb'n tau, selb'n hab'n!"
(Selbst getan, selbst haben!)
Auf das kehrte es wieder in die Hütte zurück, sagte mit zorniger Miene zum Jäger: "Hättest du nicht deinen vieräugigen Beiß (Hund) und deinen einäugigen Heiß (Gewehr), ich wollte dir's anders machen!" und verließ die Stube.
Quelle: R. von Freisauff, Salzburger Volkssagen,
Bd. 2, Wien/Pest/Leipzig 1880, S. 598 f, zit. nach Leander Petzold, Sagen
aus Salzburg, München 1993, S. 240.