Die Perchtl holt die Hausmagd
Beim Schlickenbauer am Kroaschaberg haben einmal am Heiligendreikönigsabend die Kinder und die Dirn recht miteinander herumgebalgt. Da kam auf einmal die Perchtl zur Haustür herein und begab sich ins Stübl, wo der Bauer saß. "Wen darf ich nehmen, die Kinder oder die Dirn?" fragte sie. "Die Kinder laß ich nicht her, aber die Dirn kannst du nehmen", sagte der Bauer, der durch das Erscheinen der Perchtl völlig überrascht war und erschrocken von seinem Sitz aufsprang. Die Perchtl ging nun hinaus in die Kammer, nahm die Dirn und zerrte sie mit fort. Die Hausleute liefen zusammen, um zu sehen, was mit der Dirn geschehe. Aber es war zu spät. Nur von fernher hörte man noch ein klägliches Jammern. Das kam von der Dirn, welche die Perchtl durch die Lüfte entführt hatte. Später fand man am Granitzl die Gewandfetzen der Dirn herumliegen. Die Perchtl hatte die Unglückliche zerrissen.
Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volksleben. Schilderungen und Volksbräuche, Geschichten und Sagen aus dem Lungau, Tamsweg 1913; neu bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 219f.