Der g'fahnte Schüler
In den Balkankriegen des vergangenen Jahrhunderts kämpften auch Lungauer Bauernsöhne unter Österreichs Fahnen, unter ihnen ein Urban-Sohn von Neggerndorf und ein Greiln-Sohn vom Mitterberg. Da kam eines Tages die Kunde, daß sämtliche Lungauer verschollen seien. Ungefähr nach Jahresfrist kam der Greiln Sohn jedoch ganz unerwartet nach Hause. Die Freude seiner Eltern war groß, doch das Benehmen des Heimgekehrten war sehr merkwürdig. Er kannte sich nirgends im elterlichen Besitz aus und fand auch in der Umgebung weder Weg noch Steg, so daß bei allen allgemach der Verdacht aufstieg, daß er nicht derjenige sei, für den er sich ausgab. Diesen Verdacht schien auch der vermeintliche Greiln-Sohn bemerkt zu haben, denn eines Tages war er spurlos verschwunden. Es hieß, er sei einer von den "g'fahnten Schülern" gewesen, den nun der Teufel geholt habe. "G'fahnte Schüler" wurden Menschen genannt, welche mit dem Teufel einen Bund geschlossen hatten, damit er ihnen die Schätze der Welt offenbare, wofür sie ihm ihre Seele verschrieben.
Quelle. Michael Dengg, Lungauer Volksleben. Schilderungen und Volksbräuche, Geschichten und Sagen aus dem Lungau, Tamsweg 1913; neu bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 166.