Die Gamsploack *)
Den Eingang ins Habachtel bewacht zur rechten Hand der Gamskogel. In halber Höhe des Berghanges liegt die Daxer Alm; man kann sie in zwei Stunden von der Ortschaft Habach aus erreichen. Etwas oberhalb der Alm geht alle Frühjahr eine mächtige Schneelahn in den Gamskogelgraben nieder. Lang noch, wenn ringsum schon alles auf der Alm zu grünen beginnt, liegt ein großer, schmutziger Schneeriedl am Ausgang des Grabens. Erst die heiße Sommersonne wird Herr über ihn. Diese Lawine heißt im Volksmund „die Gamsploack". Von ihr erzählen die alten Leute, daß vor einigen hundert Jahren am Gamskogel nach Gold gegraben worden sei. Man kann dort heute noch Stolleneingänge finden. Der Bergbau aber wäre auf folgende Art erloschen:
Es war einmal um die Weihnachtszeit. Da ging mit donnerähnlichem Gepolter ein ungeheurer Haufen Erde und Steine vom Gamskogel nieder. Sämtliche Stollen wurden verschüttet, alle Knappen fanden den Tod. So hoch und schwer war die Lawine, daß keiner der Knappen geborgen werden konnte.
Groß waren der Jammer und das Leid der Hinterbliebenen, die ihren Vater oder Sohn nicht einmal in geweihtem Grund bestatten konnten.
Das Weinen und Wehklagen ist verstummt, die Leiber der Verschütteten sind längst vermodert, aber alle Jahre geht an derselben Stelle die mächtige „Gamsploack" nieder und hält damit den Talbewohnern jenen Unglückstag in Erinnerung.
*) Plaike = Erdrutsch, vgl. die „Große Plaike" am Kolomansberg nächst Thalgau.
Quelle: Josef Brettenthaler, Das Grosse Salzburger Sagenbuch, Krispl 1994, S. 223.