Der erlöste Nachsenn
In Rauris hat einstmals ein Bauer auf seiner Alm den "Nachsenn g'wårt" (wahrgenommen), darauf sagte er zu seinem Werfer: "Wåann's di aufitraust und mir den Milchseicher und den Seichriedl bringst, kriagst di weißröklat Kuah von mir". - "I trau mi scho", erwiderte der Knecht und ging zur Alm hinauf. Als er sich der Hütte näherte, sah er unter der Tür einen Mann stehen, der ihm zurief: "G'winnst die Kuah und das Kålb a dazua", packte dabei aber den Knecht und warf ihn den Berghang hinab. Dieser aber ließ sich nicht abschrecken und stieg sofort wieder den Berg hinan. Noch zweimal wiederholte die Gestalt den obigen Ausspruch, und noch zweimal warf sie den Knecht hinab. Als er aber wiederkam, gab der Nachsenn - denn dies war er - den Milchseicher und Seichriedl, dankte dem Knecht und sagte: "Nun bin ich erlöst".
Quelle: Marie Andree-Eysn, Volkskundliches. Aus
dem bayrisch-österreichischen Alpengebiet, Braunschweig 1910, Nr.
38, zit. nach Leander Petzold, Sagen aus Salzburg, München 1993,
S. 127.