Der Putzbua
In der Krausenau mähte nicht nur der Tod das dürre Laub, da
hörte man in alter Zeit auch öfter ein unheimliches Rufen, besonders
an trüben Tagen oder in mondhellen Nächten. Die Leute fürchteten
sich und mieden den Weg durch die Au.
Einmal ging der "Hågmoar" von Neukirchen, der beste Ranggler
weitum, um Mitternacht durch die Krausenau und hörte das eigenartige
Jammern. Der starke Bursche, der keine Furcht kannte, näherte sich
dem Lärm und kam zu einem Stall. Dort sah er ein kleines, graues
Männlein, das sich mit dem Rücken gegen die Stallwand stemmte
und dabei aus Leibeskräften schrie: "Hoo - Ruck! Hoo - Ruck!"
"Ja, hoi", dachte sich der Bursche. "Will der vielleicht
gar den Stall verschieben? Was will denn der Pfoda? Da müssen schon
andere her!" Und er fragte das Männchen, ob er ihm helfen solle.
Der Zwerg tat einen tiefen Schnaufer und sprach: "Ja, du kannst mir
helfen. Ich hätte die Kraft, aber du hast die Macht." Der Hagmoar
wusste mit diesem Spruch nicht viel anzufangen, aber er wollte dem kleinen
Kerl behilflich sein.
Beide drückten nun mit voller Kraft gegen die Stallmauer - und wirklich
- nach ein paarmal "Hoo - Ruck!" bewegte sich das Gebäude
ein Stück! Da tat das Männlein einen Freudensprung und rief:
"Nun bin ich endlich erlöst! Hab tausend Dank! Zu Lebzeiten
habe ich meinen Stall auf fremdem Grund gebaut und konnte deshalb nach
meinem Tod keine Ruhe finden. Tausend Dank!" Damit war der Putz verschwunden.
Der starke Bursche erzählte überall von seinem nächtlichen
Erlebnis.
Die Leute nannten ihn von da an nur mehr "Putzbua".
Quelle: Helene Wallner, Sagensammlerin und -führerin, Emailzusendung vom 3. Mai 2005