Die frevelhaften Knappen
Die Knappen des Herrn Christoph Weitmoser hatten einst im Bergwerke ihres Herrn einen fast vierzigpfündigen Klumpen Goldes gefunden. Das war nun ein besonderer Glücksfall gewesen, der aber die Hoffnung erweckte, daß man auf eine besonders ergiebige Goldader gestoßen sei, die den Gewerken und seinen Bergleuten ungemessenen Reichtum bringen werde. Weitmoser gab auch selbst seinen Leuten ein prächtiges Fest, sparte nicht in der Bewirtung, und das übermütige Volk tat noch das Seine weiter dazu. Schon waren sie soweit, daß ihnen das Fleisch des fetten Schweines, das der Wirt auftrug, zu wenig vornehm war, und sie nach einem gebratenen Ochsen lüstern wurden.
Da kam des Weges ein Bauer, der gerade einen feisten Ochsen vor sich hertrieb. Wie eine Meute fielen sie über das Tier her und zogen dem lebenden Ochsen die Haut ab, um ihn wie beim Feste der Kaiserkrönung als ganzen zu braten. Unter rohestem Gehaben der Knappen wälzte sich das arme Tier in Schmerzen auf dem Boden. Nur ein Knappe war unter ihnen, der Mitleid hatte und mahnend rief, es heiße doch Gott versuchen, ein wehrloses Tier so zu martern. Die andern aber schrien: "Was schert uns ein Ochse, das Schweinfleisch schenken wir den Bettlern, sein Fleisch ist ein Braten für uns. Und sowenig der Ochse noch einmal brüllen und aufstehen wird, ebensowenig ist Gefahr, daß das Gold im Radhausberg versiegt."
Diese Lästerung war kaum verhallt, da erhob sich der Ochse brüllend, daß furchtbar die Klage im Tale widerhallte, und in rasendem Laufe eilte er dem Kötschachtale zu, wo er in die Tiefe stürzte und dort seinen Tod fand.
Vor Schreck erstarrt standen die Knappen; die Lust war ihnen vergangen, Spiel und Gelage hatten ihr Ende, und mit Bangen sahen sie dem Kommenden entgegen. Als sie am nächsten Morgen in den Schacht einfuhren, war die reiche Goldader, die sie kaum gefunden hatten, wieder verschwunden. Von da an war es auch mit dem Bergsegen vorbei.
Quelle: Karl D. Wagner, Gasteiner Sagen, Bad Gastein
1926, S. 72 ff, zit. nach Leander Petzold, Sagen aus Salzburg, München
1993, S. 206.