Die Botschaft
Zum Mooswirt kommt einmal spätabends ein Mädchen, bittet um Nachtherberge und trägt sich als Dienstmagd an. Die gutmütige Frau bemerkt zwar, daß sie zur harten Stallarbeit zu zart und fein gebaut sei, nimmt sie aber doch auf wiederholtes Bitten in Dienst. Treu, folgsam und freundlich ist das Mädchen von früh bis spät auf den Beinen, und unter ihrer sorgsamen Pflege nimmt das Vieh zusehends zu, im Haus ist alles in schönster Ordnung und blendend rein, im Garten blüht es und duftet, das Feld steht reich voll Ähren, so daß die Frau die Stunde segnet, in welcher das Mädchen in ihren Dienst trat. So bleibt es mehrere Jahre, bis einmal ein Holzhauer, der vom Untersberge zurückkehrt, beim Wirtshause stillhält, die Magd herausrufen läßt und zu ihr sagt: "Als ich heute hoch oben am Berge Holz fallte, hörte ich auf einmal aus einer Steinkluft rufen: 'Du Bauer, sage der Magd beim Mooswirt, daß ihr Vetter gestorben ist.'" Kaum hat die Dirne die Kunde vernommen, so macht sie sich, ohne Abschied zu nehmen, auf und eilt dem Unters berge zu. Niemand sah das Mädchen seitdem wieder, aber die Wirtsleute haben sie nie vergessen, ihren Namen immer segnend genannt.
Quelle: Nikolaus Huber, Sagen vom Untersberg,
Salzburg 1901, Nr. 40, zit. nach Leander Petzold, Sagen aus Salzburg,
München 1993, S. 111.