5. Sagen aus Ligist und Umgebung.
Das Aiblmännlein.
Es war einmal ein Halterbub, der auf dem Aiblkogel 25 Schafe hütete. An einem nebligen Herbstabend, als er die Schafe heimgetrieben hatte, schickte ihn die Sennerin zum Aiblwirt um Streichhölzer. Auf dem Heimweg sah der Halter am Wegrand ein spannenlanges Männlein sitzen. Schnell entschlossen packte er es und hielt es fest in seiner Hand. — „Halt mich nicht so fest, ich kann ja kaum atmen“, rief das Zwerglein weinerlich. „Wenn du mich freiläßt, sollst du einen schönen Anzug bekommen.“ — Erfreut über das Versprechen öffnete der Bub die Hand, schwups, sprang das Männlein herab und war im nächsten Augenblick in einem Erdloch verschwunden. Vergebens wartete der Halter auf den versprochenen schönen Anzug, denn das Aiblmännlein zeigte sich nie wieder. Manche Leute wollen beim Erdloch, in dem das Zwerglein verschwunden war, öfter eine brennende Kerze gesehen haben.
Quelle: Was die Heimat erzählt, Die Weststeiermark, Das Kainach-, Sulm- und Laßnitztal. Herausgegeben von Franz Brauner. Steirische Heimathefte. Graz 1953.
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