Die Bründlnixe
Früher ist am Steinberg ein gefaßtes und eingedecktes Bründl gewesen, derart, daß der Giebel des Daches gegen den Berg stand und das Bründl nach vorne offen war.
Die Leute der Umgebung holten sich dort ihr ganzes Wasser, weshalb beim Bründl immer ein Schapfen (Schöpfer) zum Schöpfen hing. An einem Vormittag im Sommer des Jahres 1850 ging die Tochter des Bauern zum Bründl, um Wasser für das Vieh zu holen.
Da sah sie eine schöne Frauengestalt halb aus dem Wasser des Brunnens ragen. Lange Haare umhüllten ihren Körper, und mit den „Pratzeln“ hielt sie sich am Brunnenrand fest. Das Mädchen nannte ihre Hände so, weil sie nicht wie Menschenhände aussahen, sondern kleine Schwimmhäute zwischen den Fingern hatten.
Eine Weile beobachtete das Mädchen die fremde Frau, dann trat es vorsichtig näher und nahm den Schapfen in die Hand.
Als sie aber damit ins Wasser fuhr und dieses bewegte, sank die schöne Frau ins Wasser zurück, und dieses wurde so trüb, daß das Mädchen lange warten mußte, bis es wieder klar war.
Als sie zu Hause erzählte, was sie am Bründl gesehen hatte, meinten die Leute: „Es wird sicher ein Wasserfräulein gewesen sein.“
Quelle: Volksmund 1990.
In: Annemarie Reiter (HG.), Grazer Sagen und Geschichten, Graz 1996, S. 167.