Die Nymphen vom Andritz-Ursprung
In mondhellen Mächten können auserwählte Personen geheimnisvolle Nymphen am Andritz-Ursprung beobachten. Es sind Wasser- und Seefräulein, deren Sirenengesang oft weithin zu hören war, jetzt jedoch aus Gram und Leid verstummt sind, da eine ihrer Frauen zu Tode gemartert wurde.
Einst gingen mehrere Knechte von einer Tanzunterhaltung nach Hause. Der Weg führte am Andritz-Ursprung vorbei. Die Nacht ging bereits zu Ende, als die Gesellen den Mauern nahe kamen. Mit einem Schlag wurden ihre Schritte langsam und entzückender Gesang schallte ihnen entgegen. Sie lauschten dem Gesang und schwangen sich dann über die Mauer, um nach der Sängerin zu suchen. Keiner konnte sie jedoch sehen und sie begannen lautstark zu fluchen. Plötzlich raschelte es im Schilf. Einer der weinseligen Burschen sprang von der Mauer und schon hatte er die schöne Frauengestalt gefangen. Alles Flehen der schönen Frau half nichts. Die Burschen zogen sie an ihrem goldenen Haar ans Ufer und waren überaus erstaunt, als sie sahen, dass die Schöne einen fischartigen Unterleib hatte. Wütend begannen sie auf das Wasserfräulein einzuschlagen, bis es zu Boden sank und sagte: „Wenn ihr mich nicht zu Tode gequält hättet, würde ich euch gesagt haben, warum der Hohenberg nicht Hohenberg, sondern Reichenberg heißen soll und aufweiche Weise in der Hub Gold zu finden sei." Dann starb das Fräulein. Der schöne Gesang der Wasserfräulein ist seither verstummt. Zu sehen sind sie selten. Jener jedoch, der sie zu Gesicht bekommt, soll sich in Acht nehmen, denn sie locken ihn an sich und ziehen ihn hinunter in ihren Kristallpalast am Grunde des Weihers.
Quelle: Johann Schleich (Hg.), Der steirische Sagenschatz, Graz 1999, S. 387.