Das Blaukappel und das Rotkappel.

In Kathal bei Obdach wohnte die Witwe eines Fohnsdorfer Bergmannes mit ihrem Sohne. Als dieser nun aus der Schule war, suchte auch er im Bergwerk Fohnsdorf seinen Verdienst, kam aber alle heilige Zeiten zu seiner Mutter heim.

Weihnachten waren [sic]. Der junge Bursch ging spät abends heim. Wie er an Liechtenstein vorbei ging, rauschte es gach [gleich] ober ihm sehr stark; er sah auf, nahm aber in der Finsternis nichts wahr. Aber eine hallende Stimme rief ihm zu:

"Wenn du zum Rotkappel kommst, Blaukappel läßt Rotkappel schön grüßen."

"Ja, ja, werde es wohl tun," rief er zurück, ohne zu wissen, wo er Rotkappel treffen würde. Aber da flog schon knapp vor ihm auf den Boden ein Steinchen nieder; er las es auf und ging weiter.
So kam er in der Finsternis nach Eppenstein.

"Ei," dachte er sich, "ob nicht auf der Ruine Eppenstein Rotkappel daheim ist?" Er stellte sich unter der Burg fest hin und rief hinauf:

"Blaukappel läßt Rotkappel schön grüßen."

"Dank schön, dank schön," rief es da zurück und wieder fiel knapp vor ihm ein Steinlein nieder. Auch den las er auf, wer weiß, zu was es nicht gut ist?

So kam er gegen Mitternacht zu seiner Mutter nach Kathal. Die Mutter war gerade zum Mettengehen gerichtet, und so ging auch er mit. Nach der Metten aber erzählte er beim Heimgehen der Mutter, was ihm auf dem Heimweg passiert sei, und wollte im Zimmer der Mutter die Steinchen zeigen; wie staunten aber beide, als es pure Goldstücke waren. Das waren freilich schöne Weihnachten.

Quelle: Burgsagen aus Steiermark, P. Romuald Pramberger, Seckau 1937, S. 87.
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