Die weiße Frau auf Forchtenstein.

Ist einmal ein Pfleger aus Forchtenstein gewesen, der zwar ein guter Mensch, aber sehr jähzornig war. Und häufig beherbergte er lustige Gesellschaften in der Burg. Einmal nun, als er in schon sehr vorgerückter Stunde im Kreise betrunkener Gäste saß, trat seine Frau auf ihn zu und mahnte ihn, für heute von seinem Zechgelage zu lassen. Betrunken und zornig zugleich riß er sein Schwert von der Wand herab und erschlug, ehe man ihm dazwischen treten konnte, mit einem Streiche die Frau. Sterbend mahnte ihn das gute Weib, von seinem Laster zu lassen; sie würde wieder kommen, wenn er in seiner Art weiter tun würde. Erschrocken und ernüchtert ging der Pfleger in sich und blieb lange Zeit tadellos.

Nach Jahren aber fiel er wieder einmal in sein altes Laster zurück, versammelte lustige Zecher um sich und schlug viel unnötigen Lärm. Da erschien im Saale plötzlich eine weiße Frau, die seiner Frau ganz ähnlich sah; sie winkte ihm mit der Hand, und entseelt sank er zu Boden.

Und wenn es auf Forchtenstein seitdem übermütig zugeht, so erscheint die weiße Frau und erschreckt und verjagt die Übermütigen.

Quelle: Burgsagen aus Steiermark, P. Romuald Pramberger, Seckau 1937, S. 18.
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