Scheifling
Hier war ein Wasserschloß an Stelle der heutigen Brauerei. dort wohnte vor vielen Jahren ein tapferer, tugendhafter Ritter, Ilsung von Scheifling. Er war als Schützer und Vater der Armen weitum bekannt. Ob dieser Tugenden wünschte ihn der Kerr von Strechau zum Ehgemahl für sein einziges Kind. Ilsung und das Ritterfräulein liebten einander innig. Da mußte Ilsung nach Italien in den Krieg ziehen. Beim Abschied schwur die Braut, dem Bräutigam bis in den Tod treu zu bleiben. Jahre verschwanden. Der alte Herr von Strechau war gestorben und Ilsung war noch immer nicht aus Italien zurückgekehrt. Das Ritterfräulein aber hatte sich in einen fremden Ritter leidenschaftlich verliebt, Vater und Bräutigam vergessen. Wie erschrak es, als Ilsung sein Kommen ankündigte. Durch Hinterlist mußte er entfernt werden. Und wie er seine Braut in aufrichtiger Liebe begrüßen wollte, fand er sie in Trauerkleidern, weil sie der Welt für immer entsagen wolle. All sein Bitten, ihr Vorhaben aufzugeben, half nichts. So ritt er traurig wieder fort. Als er über die Ennsbrücke kam, stürzte die morsche Brücke ein. Roß und Reiter fielen in den angeschwollenen Fluß. Ilsung wäre gewiß ertrunken, wenn ihn nicht die Wildfräuleins gerettet hätten. Sie pflegten ihn in ihrer Höhle und gaben ihm die Ruhe des Herzens wieder. — Ilsungs treuer Knappe konnte nichts anderes tun, als mit der Unglücksbotschaft ins Schloß Strechau zurückzueilen. Jetzt jauchzte das falsche Weib auf und ordnete sofort die Hochzeit mit dem fremden Ritter an. Im hohen Saale erwarteten die Gäste das Brautpaar. Als es eintrat, war die Braut mit dichtem Schleier verhüllt. Nun entschleierte der fremde Ritter, der unheimlich anzuschauen war, die Braut und anstatt des lieblichen Antlitzes grinzte [grinste] den Anwesenden ein Totenschädel entgegen.
(Schmutz.)
Quelle: Burgsagen aus Steiermark, P. Romuald Pramberger, Seckau 1937, S. 66.
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