Die drei Schwertstreiche.

Es war einmal ein stolzer Ritter aus Steinschloß, der halte einen Sohn, der gar nicht selten das tat, was dem Alten nicht recht war. Deshalb gab es häufig Streit und Kader zwischen Vater und Sohn.

Nun hatte der junge Ritter ein Mädel aus der Bauernschaft gern und entschloß sich, diese zu heiraten. Als nun der alle Ritter hievon erfuhr, gab es Zank auf der Burg mehr denn je, bis schließlich der Vater den Sohn aus dem Schlosse wies.

Der junge Ritter zog sort und mit ihm verschwand das frische Mädchen aus dem Bauernhof, und niemand wußte, wohin sie gewandert.

Ein Jahr verging um das andere, und der alte Vater bereute schon längst, daß er seinem Sohne die Schwelle gewiesen hatte. Und weils ihm gar keine Ruhe ließ und die Sehnsucht ihn verzehrte, so machte er sich auf den Weg, um seinen Sohn zu suchen. Die Burghut übergab er seinem alten Kastellan, schlug noch bei seinem Ausritt mit seinem Schwert drei Streiche in die Eichenbohlen des Burgtores und schwor, nicht früher zu rasten, bis er entweder seinen Sohn gefunden hätte oder die drei Schwertstreiche verschwunden wären. Dann zog er sort und kam in der Fremde als fahrender Ritter mit diesem oder jenem Gegner ins Gedräng. Und als er heimkam, mit verbogenem Helm und schartigem Schwert, sah er beim Tor, daß von den Hieben einer fehlte; der Hieb war zu stark ausgefallen, und das Stücklein des Tores weggebrochen. —

Aber nicht lange blieb er daheim; die Sehnsucht nach dem Sohne trieb ihn in die Fremde, und wieder suchte er und kam ins Ungarland, doch vergebens war sein Suchen in der weiten Welt. So manches Jahr war vergangen, aber kein Mensch, denen er begegnete, hatte ihm Auskunft geben können. Und so kam er wieder heim, da das Laub vom Baume fiel, und fand den Torflügel fast zertrümmert und ein Strauchdieb hauste in seiner Burg. Aber mit Hilfe seiner Getreuen, die in den Bauerngehöften wohnten, und mit Hilfe der Bauern vertrieb er den Räuber und setzte wieder den alten Kastellan zur Burgwache ein.

Es fehlte aber am Nötigsten, und so bestimmte er seinem alten Diener, er solle alles wieder gut instand setzen, er werde selber nach einer jüngeren Ersatzkraft suchen gehen, und sort war er wieder auf seinem Streitroß.

Wie die zwei ersten, so war auch sein dritter Ausritt vergebens, — auch Italien brachte ihm nicht seinen Sohn, und mürrisch und niedergeschlagen ritt er in seine Ahnenburg heim. Das alte Tor war durch ein neues ersetzt, also auch der dritte Hieb verschwunden; nun sollte er daheim bleiben und warten. Und so vieles war neu geworden im alten Schloß, und umso schmerzlicher fühlte er, der sich nach liebevoller Pflege sehnte, seine Vereinsamung.

Früher war es eine große Seltenheit, daß er hinab zur Mariahofer Kirche ritt; jetzt aber wollte er sich wenigstens beim alten Pfarrer dort aussprechen und sein sehnendes Herz erleichtern. Und da erzählte er dem Pfarrer von seinen drei Ausfahrten und von der Vergeblichkeit alles Suchens. Der Pfarrer nickte dazu verständig das Haupt und fragte, ob er also gar keine Spur seines Sohnes gefunden habe. Der alle Burgherr verneint, und der Pfarrer verwies ihn an den Klausner, der ober Karchau seine Einsiedelei habe; der könnt ihm Auskunft geben.

Am nächsten Tag schon brach nun der alte Ritter nach der angewiesenen Siedelei auf und fand daselbst einen Mann mit langem, rotem Vollbart, langem, wildem Haar und langem, härenem Gewande. Was der alte Ritter wolle, fragte mürrisch dieser den Ankommenden und erzählte dem Aushorchendem folgende Kunde:

"Ritter von Stein, glaube ja nicht, daß dein Sohn ausgezogen ist, um das Schwert zu führen; er hat eines Bauern Kind zu seinem Weib gemacht und ist auch Bauer geworden; einen Buben hat ihnen Gott gegeben, doch das Weib ist ihm gestorben. Und so hat er das kleine Bauerngut dem Nachbarn zur Verwaltung und das Kind zur Erziehung gegeben. Er aber ist fort von der Stätte, wo das Weib ihn bat, mit dem Vater sich zu versöhnen, da ein Dorn Tag für Tag diese Mahnung war. Ja, er ist fort in die Wildnis des Waldes." "Und was trieb er weiter und was treibt er?" fragte der alte Ritter begierig.

"Vor allem frage ich dich, Ritter von Stein, wärest du gesonnen, das Bauernkind als deinen Enkel anzuerkennen?"

Mit Freuden stimmte der alte Mann dieser Frage zu, und darauf gab der Einsiedler sich als der Gesuchte zu erkennen; doch blieb, nachdem der Alte ihm verziehen, derselbe noch in seiner Klause, um noch zu büßen für seinen Ungehorsam. Dann aber kehrte er mit seinem Söhnchen in die Burg zurück, und das Kind ward des Greises Trost und Freude.

Quelle: Burgsagen aus Steiermark, P. Romuald Pramberger, Seckau 1937, S. 35.
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