Die Hexe von Matzen


Es war Krieg mit Bayern. Schloß Matzen war belagert, und der Burgherr fragte in seiner Not eine Magd, die man als Hexe bezeichnete, um Rat. Sie sagte: "Haltet drei Tage noch aus, dann ziehen die bayerischen Horden in die Heimat zurück!"

Und so war es auch. Die Belagerer zogen wirklich nach drei Tagen ab, der Burgherr aber bot der Magd einen ansehnlichen Geldbetrag für ihre Prophezeiung. Auch sagte er ihr, sie fände bei ihm Zuflucht, solange sie lebe und auch alles, was sie zu ihrem Unterhalt benötige. Die Frau lehnte das Geldgeschenk ab, dankte aber für das Entgegenkommen sehr herzlich.

Sie war ja, das sei nebenbei gesagt, keine von den bösen Hexen, die man fürchtete, vielmehr eine weise Seherin, die nur Gutes im Sinn hatte.

Nach einiger Zeit, als sich wiederum die Unruhen im Land bemerkbar machten, ließ der Ritter die vermeintliche Hexe wieder zu sich kommen. Er fragte, was wohl weiterhin geschähe und ob sie wüßte, welches Schicksal seiner Burg zugedacht sei.

"Drei Sommer nach meinem Tod werden die Bayern wieder da sein", verkündete sie. "Schafft so viel Pech als möglich in das Schloß, noch ehe sie kommen! Während der Belagerung gießet eine Stunde nach Mitternacht das siedendheiße Pech kesselweise auf die Feinde hinunter. So soll es geschehen - sieben Nächte lang!"

Der Rat dieser eigenartigen Frau, die schon so vielen geholfen hatte und als "Hexe mit Herz und Gefühl" gerühmt wurde, sollte sich alsbald bewähren. Sie starb, und drei Jahre danach kamen die Bayern und umzingelten das Schloß von allen Seiten. Das siedendheiße Pech aber, das in großen Mengen vorhanden war und sieben Nächte lang auf die Widersacher herunterfloß, tat seine Wirkung.

Die Feinde zogen ab, denn - "Matzen ist nicht zu nehmen", sagten sie.


Quelle: Die Heidin, Alpbacher Sagenbuch, Berta Margreiter, Innsbruck 1986, S. 51f.