Das Bergklöpferl
In den Bergwerken klopft und hammerlt es bald nahe, bald fern in dem Felsen drinnen, so erzählen die alten Knappen bei Schwaz und Rattenberg, ja auch anderswo im Lande. Und wenn die Grubenleute ein solches Bergklöpferl hören, dann halten sie es für ein gutes Zeichen zum baldigen Fündigwerden wertvoller Erze.
Das Bergklöpferl ist ein altes, graubärtiges Männlein, welches höchst selten gesehen wird; es weicht den Menschen aus und mag mit ihnen nicht viel zu schaffen haben. Zu jener Zeit, als Tausende von Arbeitern in dem Silber- und Kupferbergbau am Ringenwechsel beschäftigt waren, hatte man eine Tragbahre im Eingangsstollen stehen, auf welcher Verunglückte oder Tote zur Kirche hinabgetragen wurden. Auf dieser Tragbahre sah man das Bergklöpferl manchmal sitzen, aber leider geschah dann meist am nämlichen Tage noch ein Unglück.
Dieser Klopfglaube hat sich bis in die neueste Zeit erhalten; es hat
nämlich Bartlmä Hechenblaickner im Alpbachtal unterm Stolzenhof
am Bach eine Alaunfabrik gebaut und den Geschäftsführer Gerhard
Wigold aus Saarbrücken im Jahre 1857 angestellt. Derselbe gräbt
nun mit ändern in dem Felsen nach alaunhaltigem Schieferstein, welcher
mit Quarz und Eisenkies bricht und in der Richtung liegt, wo einst die
reichen Silberbergwerke anstanden. In diesem Jahre hörte Hechenblaickner
sowohl als auch Wigold und andere Neugierige im Schachte das merkwürdige
Klopfen; zwar nicht alle Tage, sondern nur zu gewissen Zeiten, oft näher,
oft ferner, und es ward um Neujahr 1858 wieder gehört. Wassertröpfeln
kann es unmöglich sein, wie sich mehrere Beobachter überzeugt
haben - es muß das Bergklöpferl sein, meinen die Leute und
hoffen auf einen baldigen Fund reicher Gold- und Silberadern.
Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 88