Der Biburgsee [Der Piburger See]
Piburger See, Ötztal, Tirol
© Bettina
Sonntag, 11.Oktober 2001
Wo der reine Spiegel des Biburgsees über dem Dorfe Ötz sich
ausbreitet, stand einst eine Behausung oder ein Schloß namens Biburg,
mit vielen umliegenden Kornfeldern und Wiesen, die alle dem Besitzer jenes
Prachthauses gehörten. Da ihm diese sehr viel eintrugen, war er ein
so reicher Mann, daß er, wie man sagt, den Stall für das Vieh
nie groß genug erbauen konnte und das Getreide von Jahr zu Jahr
immer mehr aufhäufen mußte, bis es, in Fäulnis übergegangen,
nicht mehr zu brauchen war. Aber so wie die Armut dem Leibe weh tut, so
tut auch der Reichtum der Seele weh! Die Besitzer vergaßen, durch
ihren zeitlichen Überfluß geblendet, immer mehr und mehr Gott
und die Ewigkeit, hielten sich für unahängige Herren, besuchten
keine Messen, keine Predigten und hatten überhaupt keinen Funken
von Religion mehr. Einem der letzten der Besitzer fiel es sogar ein, des
Sonntags, statt die Kirche zu besuchen, unterdessen auf dem Felde zu arbeiten
oder zu spielen.
Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 170.