Die Botsch von Zwingenburg
Daß die rebenumgürtete Stadt Bozen, italienisch Bolzano, uralten Ursprungs ist, ist bekannt und wird durch die Wahl ihrer überaus glücklichen Lage bewiesen; gleichwohl bringt die Sage den Namen Bozens mit Geschlechtern der Frühzeit in Verbindung und kündet, es habe in grauen Zeiten dort ein reicher Jude, des Namens Boz, sich niedergelassen. Dieser Boz wurde Christ und empfing in der heiligen Taufe den Namen Simon. Er war so reich, daß alle Güter ringsumher ihm gehörten, daher hießen sie nun des Boz oder Bozener Boden. Der reiche Mann war verheiratet mit einer auch Christin gewordenen Frau, die Christina getauft worden war, aber die Ehe blieb ohne Kindersegen. Da entschloß sich das Ehepaar zu einer Wallfahrt nach Rom und zu einer Pilgerfahrt nach Jerusalem. Indes ereignete es sich, daß Christina auf der Reise sich gesegneten Leibes fühlte und die Reise nicht fortsetzen konnte. Simon Boz zog allein nach dem Heiligen Lande, und Christina blieb in Florenz zurück, allwo sie eines Knäbleins genas, das sie nach dem Vater nannte. Der Vater aber kam auf dem Wege mit Kreuzfahrern zusammen, gewann sie lieb und trat sogar in ihre Reihen und kämpfte heldenmütig gegen die Sarazenen. Nach seiner glücklichen Wiederkehr kehrte er mit Gattin und Sohn nach Bozen zurück und soll der Ahnherr des Geschlechtes der Edlen Botsch von Zwingenburg geworden sein. Man sagt fürwahr, daß diese aus Florenz gekommen seien. Ihr Wappen, ein Schwan mit drei Balken, ist noch am Turme der Franziskanerkirche zu Bozen zu sehen.
Diese Sage mag glauben wer will - sie ist so dunkel und unsicher, daß
auch das Zweifeln daran keine Sünde ist, zumal die Geschichte gar
nichts davon weiß.
Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 294.