DAS VERFLUCHTE GOLDBERGWERK BEIM HÖTTINGERBILD

Im Berge neben dem Höttingerbild (so nennt man eine Waldkapelle mit einem Muttergottesbilde, welches als mirakulös verehrt wird und einen dummen Menschen, der studierte, nachdem er oft zum Bilde wallfahrtete, endlich sehr gescheid gemacht haben soll) war ein reiches Goldbergwerk, so reich, daß die männliche Einwohnerhälfte des Dorfes als Knappenschaft reichen Verdienst fand, doch vertrieben diese Knappen nur zu bald den Gottessegen durch ihr wüstes Leben. Einst hatten sie einen Festtag, kamen ober dem Dorfe Hötting mit Weib und Kindern zusammen, zechten, geigten, tanzten, tauften einen alten Berggötzen, der aus Stein gehauen aus der Heidenzeit als Alterthum dastand, und trieben allerlei gotteslästerlichen Frevel. Sie schnitten von den Stiefeln und Schuhen die Sohlen ab und hefteten Dampfnudeln darauf und sprangen so wüste um den Götzen herum, wie die Juden um das goldene Kalb. Die Bauern, welche zuschauten, gingen entsetzt davon. Dem ungeachtet wurde die Nacht völlig durchpraßt. Als aber die Knappen am anderen Morgen in den Schacht stiegen, wurden sie alle verschüttet, 30 Weiber wurden Witwen. Wohl versuchte man nachzugraben, konnte jedoch nur zwei Knappen auffinden, und diese hatten Lederwerk in dem Munde, ein Zeichen, daß sie vom Hunger langsam todtgemartert wurden. Entsetzlich ist diese Geschichte und noch entsetzlicher ist der Fluch, der über diesem reichen Goldberge liegt. Man kann nichts finden, und so oft nachgegraben wurde, und nicht selten geschieht es noch, ist nichts zu finden.

Höttinger Bild, Innsbruck

Um Klugheit betender Student
Wallfahrtskapelle Höttinger Bild, Innsbruck
Photo: © Wolfgang Morscher

Wallfahrtskapelle Höttinger Bild, Innsbruck

Wallfahrtskapelle Höttinger Bild, Innsbruck
Photo: © Wolfgang Morscher

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 121, Seite 121