Das waldige Stegmandl

Gegenüber der Festung, die mit ihren Montalembert-Türmen den Engpaß bei Nauders bewacht, liegt ein Bauernhof, Perdisch geheißen; auf diesem hauste ein Wichtel, das sich gern auf einem Waldstege in des Hofes Nähe blicken oder wahrnehmen ließ, und da der Steg in einer waldigen Gegend gelegen, so hatte es davon den Namen: "'s waldige Stegmandl." Es war sonst gut und fromm von Natur, aber bisweilen doch sehr necklustig, gleich allen Wichtein und Nörggelen, deren es um Nauders und weiter hinauf und hinüber im Vintschgau gar viele gab und noch gibt, und dadurch jagte es vielen doch Furcht ein. Dabei war aber beim waldigen Stegmandl etwas besonders Grausiges und Seltsames. Seine Beine reichten bis an den Kopf hinauf, so daß es keinen Leib hatte, während doch sonst die Gestalten der Wichtel kurzbeinig, dickleibig und kurzhalsig erscheinen, auch waren seine Füße gespalten wie Geißfüße.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 229.