Der schöne Wurm
Beim Schlosse Korb in der Nähe von Boymont, dem herrlichen Besitztum
des Herrn von Putz zu Bozen, zeigte sich öfter ein außerordentlich
schöner Wurm; der führte in seinem Munde ein goldenes Schlüsselchen.
Wurde er aber von einem Menschen erblickt, so ringelte er sich rasch dem
Schlosse zu und verschwand in den Spalten und Klüften des zertrümmerten
Gemäuers. Dieser Wurm wird für einen Schatzhüter gehalten;
denn im ganzen Oberetschgebiete gegen Eppan und Kaltern hin ist der Volksglaube
stark lebendig, daß viele Schätze in den zahlreichen Burgtrümmern
jener Gegend verborgen liegen und daß jeder einzelne Schatz seinen
Hüter habe, der sich als Wurm oder Schlange zeige oder auch nur als
rotes oder blaues Licht, bis entweder frühere Sünden abgebüßt
oder die Schätze von beruflichen Händen gehoben seien.
Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 386.