Der graue Geist
Unweit Imst mündet ein kleines Tälchen in das Haupttal, das
der Inn durchrollt, und an der Ausmündung steht nach dem altchristlilchen
Gebrauche ein Wegkreuz, an welchem die Landstraße vorbeiführt.
An dieser Stelle ist es nicht ganz geheuer, obschon dal Kreuz gegen Schaden
des Geisterspukes schützt. Nicht selten ist el Frachtfuhrleuten begegnet,
daß sie, wenn sie an jener Stelle de! Nachts vorbeifuhren, einen
grauen Geist durch das Tälchen schreiten sahen, der ihnen eine Strecke
nachkam; sowie sie aber zu dem Wegkreuze gelangten, kehrte selbiger Geist
rasch um und wanderte wieder in sein Tälchen zurück. Noch heutigen
Tages wollen viele ihn gesehen haben, andere aber haben ihn nicht erblickt.
Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben
von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 179