Die Silberblumen bei Prutz


Neben der Fahrstraße von Landeck nach Prutz fand ein Fuhrmann wunderschöne schneeweiße Blümlein, von welchen er etliche pflückte und sie zu den ändern Blumen und Rosmarinsträußchen auf den Hut steckte. Er dachte sich, diesmal habe ich wohl den schönsten Fuhrmannsbusch auf. Nach einiger Zeit begegnete er einem ändern Fuhrmann, der herwärts fuhr und der, als er ihm nahe gekommen war, rief: "O höllischa Sackra, wos treibscht heunt, bischt halt so reich worn, daß d' narrisch bischt?" Hierauf lachte der bebuschte Fuhrmann und meinte, daß der Begegnete nicht recht im Kopfe bestellt sei. Währenddes fuhr der zweite dem ersten auf den Hut, riß einen blanken Marienzwanziger herab und sagte: "Hascht du soviel Muattagottis-Zwanz'ga, daß d'n gonzen Huat vollstöckscht, so konnscht ma wohl den do schenk'n!" Hierauf nahm der Fuhrmann seinen Hut herab und sah staunend, daß aus allen den weißen Blümlein Muttergottes-Zwanziger geworden waren. Nun liefen beide nach der Stelle hin, wo er sie gefunden, um noch mehr solche Silberblumen zu pflücken, aber sie waren alle verschwunden; und nun verschwinden - in unseren Tagen - auch die schönen Zwanziger, ach! alle, alle!

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 224.