Die St.-Felix-Kapelle

Ober Marling auf dem Berg liegt eine kleine gotische Kapelle zum hl. Felix. Unter dem Fußboden derselben ist ein Teichlein, dessen Wasser für besonders heilsam gehalten wird. Mit einem langstieligen Schöpfer langt man durch eine Öffnung, welche im Boden zu diesem Behufe gemacht wurde, und wäscht sich mit dem Wasser den Kopf; das soll gut gegen Kopfleiden sein. Auch eine Kiste mit alten hölzernen Gliedmaßen - Füße, Arme, Köpfe usw. war einst alldort, und die betenden Leute wählten sich daraus solche Glieder, welche an ihnen krank waren, nahmen solche, trugen sie dreimal um den Altar und vermeinten entweder um des Vertrauens willen geheilt zu werden oder betrachteten es wohl als ein verdienstlich gutes Werk. In diesem Kirchlein befindet sich auch ein altes Gemälde, eine Soldatenfrau vorstellend, wie sie mitten im Winter Gras schneidet. Ein altes Volkslied, "das Wiesenwunder", erklärt dieses Bild auf folgende Weise:

Eine Jungfrau in den Ehstand versprochen sich hat,
Sie hat wohl genommen ein scharfer Soldat.
Er tut sie traktieren mit viel grimmiger Pein
Und tut sie traktieren was möglich kann sein.
Einstmal im Winter, ganz rauhig und kalt,
Es war kein Gräslein zu finden im Wald:
"Itzt mußt du mir gehn um ein Heu für mein Pferd,
Sonst mußt du's vernehmen mein schneidiges Schwert."
"Ach, Gott meines Lebens, mit mir ist's itzt aus,
Itzt muß ich halt sterben, und das ist ein Graus!
Ach, Gott meines Lebens, wo krieg ich ein Heu,
Mir kann man keins geben, es ist viel zu teu'r."
Von Grund ihres Herzens sie bitterlich weint,
Maria voll Gnaden ihr liebreich erscheint.
"Tu du mir recht dienen, und sei mir getreu,
Da drauß' auf der Wiesen, da grünet das Heu." -
Der Schnee war zerwichen, die Blumen stehn grün,
Das Weib, das fiel nieder, bedankt sich recht schön.
Sie nahm wohl die Sichel und ging um das Heu,
Sie meint' sie war' sicher und war voller Freud.
Und bald sie ihm's tat geben, ergrimmt er sich fast.
"Da kann man's wohl sehen, gezaubert du's hast!"
Sie tat ihn recht bitten, er soll mit ihr gehn,
Fort außen auf die Wiesen, wo die Blumen tun stehn.
Und bald er kommt hin an den selbigen Ort,
Da hat er gesehen das Wunderbild dort;
Und bald er hat g'sehn das Wunderbild an,
Da hat er gesprochen: "Ich armicher Mann."
"Itzt tut mir recht dienen, und seid mir getreu,
Dann werd' ich euch führen in die himmlische Freud."

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 273.