Geistliche spuken
In Bozen lebte vor vielen Jahren ein Priester, dessen Name billig ungenannt bleibt, der war Sakristan und ließ sich im Leben mancherlei Unrichtigkeiten zuschulden kommen, weshalb er nach dem Tode spuken mußte. Endlich bannte ihn ein Priester hinauf auf den Schiern, wo er laut und heulend sein Unwesen trieb, mit Ausnahme der Weidezeit. Man hört aber schon lang nichts mehr von ihm, scheint also zur Ruhe gekommen zu sein.
Doch zu Völs erzählen die Alten noch immer von diesem Spuk. So auch im sogenannten "von Mörlwaldele" - man nennt es "im Hüttl" -, einem kleinen Sommerfrischehaus bei Missian, wollte man öfter einen Geistlichen ohne Kopf gesehen haben, der langsam dahinschritt, aber kein Brevier in der Hand hatte. Es war nicht gut, ihn zu erblicken, denn der Geist vermerkte das übel, weil er nicht mehr wie im Leben seinen Kopf aufsetzen konnte. Auch gespenstige Lichtlein sieht man noch stets in der Gegend des Hüttl im Mörlwaldele glühen und irren und flimmern.
Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 297.