Das Goldbächlein
Von den reichen Feldern sind gar viele Sagen in ihrer Gegend umgängig, und zwar vornehmlich solche von Bergschätzen. Allgemeiner Volksglaube ist, daß das jenseits gelegene Zeller Goldbergwerk im Zillertale seine Goldadern bis in die Höhen zur Linken des Alpbachtales hinüberstrecke.
Viele verfallene Stollen und Schächte sind noch immer beredte Zeugen des alten, aufgelassenen Bergbaues auf edle Metalle. Die "reichen Felder" sind eine Gruppe schöner, blumiger Alpentriften, welche erreicht wird, wenn man an das grüne Alpbachtal hinter dem Dorfe Alpbach hinaufwandert, hinauf dem Greiter Graben zu, der ins Fornkahr, Greitalpergraben und Moserbaumgarten ausgeht. Hier liegen die Alpen: Radingeralpl, Drei-Stettaurer-Alm, Farbenkahr, Greit, Moserbaumgarten mit den "reichen Feldern". Hier grünt und blüht und sproßt es voll gewürziger Milchkräuter bis zu höchst auf die Berge, von welchen der Galtenberg, Breitfeld, Tristkopf, die Reichenfelder Berge, Bachfilzen und Widdersberghorn (gewöhnlich das Horn genannt), malerisch emporragen. Das Horn wird der schönen Fernsicht wegen häufig bestiegen, dafür labt ein besonders gutes, kaltes Quellwasser, "das Enzianbründl", welches oben entspringt, den Wanderer.
Zu alten Zeiten sind alljährlich zwei Venediger auf die reichen
Felder gekommen und haben Gold genug ausgeführt. Sie hatten einen
Eingang in das Innere der Berge, der befand sich bei den Greitalpenköpfen
an der Azwand, da gingen sie hinein, arbeiteten und schleppten schwere
Lasten klaren Goldsandes heraus. Als sie nicht mehr kamen, weil sie entweder
genug hatten oder verstorben waren, hat sich von jenem Eingang jede Spur
verloren. Aber da war - so erzählte es gerne der alte Pröglerwirt
Andre Maier zu Alpbach, ein redlicher und erfahrener, sagenkundiger Siebziger,
der die Alpe "Bangarscht" (Baumgart) besaß - ein Talbauer
an der Linden, Peter Wörgler, aber kurzweg der Lindpeter geheißen,
der hatte durch seinen Vater etwas los von den Venedigermandln, machte
sich hinter den reichen Feldern ein Tröglein zurecht und ließ
ein Quellbrünnlein, das aus dem Berge kam, darüberlaufen und
seinen Sand darin absetzen; davon wurde das Tröglein in jedem Jahre
zweimal voll, und er trug dann den Sand in eine Schmelze, wo er ihn so
gut bezahlt bekam, daß er sich bald genug selbst ein Hüttenwerk
ankaufen konnte. Selbiger Lindpeter ist erst 1845 gestorben.