Das Hostienwunder
Im Lienzer Gerichtsbezirke bei Tristach liegt eine zerfallene Ruine, welche einst Schloß Ehrenburg genannt wurde und nicht mit dem Ehrenburg der Grafen von Künigl zu verwechseln ist, das bei Lorenzen steht. Als das Ehrenburg bei Tristach noch in voller Pracht gestanden, begab sich's, daß ein Jäger des Schlosses auf demselben hoch im Gebirge sich verstieg und weder vor- noch rückwärts konnte. Leute sahen unten seine Not und berichteten sie dem Pfarrer von Tristach; der fromme Priester zog alsbald mit dem Sakrament unter Zulauf vielen Volkes am Ufer des Sees unten hin, segnete den Verstiegenen und stellte ratlos den Kelch auf einen Stein, auf ihn in goldener Patene die heilige Hostie, und betete zum Helfer in aller Not. Da erhob sich langsam die Hostie feierlich emporschwebend und stärkte den Harrenden zum Tode, der dennoch unvermeidlich ihn erwartete. Der Jäger ward in einigen Tagen zerschmettert gefunden. Der Kelch drückte die runde Spur tief dem Steine ein. Dieses Hostienwunder sieht man oft im Pustertale bildlich dargestellt.
Die Sage selbst hat einigen Anklang an jene altbekannte von der Martinswand bei Innsbruck.
Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 339.