Der Jaufengolderer

In Tirol gibt es mehrere begnadigte Orte, wo man "im Schlaf reich werden kann". Ein solcher Ort ist droben auf dem Jaufen, am Übergange zuhinterst des Passeiertales nach Sterzing zu, wo sich mancher hingelegt, den Hut oder die Mütze neben sich gestellt und, als er erwachte, blankes Gold drinnen gefunden hat, das freilich vorerst in Gestalt von eitlen Kohlen sich darstellte, welche Kohlen Unwissende samt ihrem Glück über den Berg hinunterwarfen. An besagter Stelle ist es etwa vor 40 Jahren einem Branntweinhändler, der mit Saumpferden von Passeier nach Sterzing zog, dabei ein verschmitzter, geiziger Kerl war, schlecht gegangen.

Obgleich reich von Hause aus, legte er sich nieder und stellte seinen Hut hin, damit er nach dem Erwachen voll blanken Goldes sein solle; der große, breitkrempige Passeierhut, dachte er, fasse dreimal mehr als ein anderer. Er schlief einige Stunden recht gut, träumte sogar von dem neuen Reichtum, und wie er erwachte, tappte er sogleich mit beiden Händen in den Hut, und - voll Gestank und Schmutz zog er die Hände zurück; was darin war, kann sich jeder denken. Wer solches Gold in den Hut getan, konnte jener Beglückte nicht erfragen; "das war der Teufel, der solches Jaufengold bescherte", meinten die Hirten droben.

Dieser Teufelsspuk wurde überall bekannt und erzählt, und wenn der reiche Branntweinhändler irgendwo einkehrte und man ihn fragte, wo das Jaufengold zu finden sei, da ging er alsbald brummend von dannen. Er selbst war als "der Jaufengolderer" bekannt und benannt und ist wohl vor mehr denn 30 Jahren auch schon gestorben. Ein Rätsel, welches daraus entstanden ist, hält das Abenteuer des Jaufengolderers lebendig. Man fragt: Was ist der Teufel? und löset: Das ist der Teufel, wenn man statt Gold ... im Hut hat.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 268.