König Laurins Rosengarten

Vom Rosengarten oder den Rosengärten des sagenhaften Zwergen Laurin in der Umgegend von Meran und namentlich der Burg Tirol ist vielfach in Schriften die Rede. Die Benennung Rosengarten für manche Berggegend begegnet vielfach nicht nur in Tirol, sondern auch anderswo, z. B. in Thüringen, auch in Italien usw. Der Reiz des Stoffes, ja selbst des Namens, hat manche verleitet, die alten schlichten Sagen in Fabeln umzuwandeln, jene durch Hinzutaten zu entstellen, und das läßt sich nicht immer gleich auf den ersten Blick erkennen und scheiden beim Wiedererzählen; nur mit Absicht soll keiner es tun. Die örtliche Sage kündet, daß in der alten Zeit König Laurin im "hohlen Berge" dort, wo jetzt der Kothlerhof steht, Hof gehalten und einen prächtigen Rosengarten dort besessen und erhalten habe. Die Blumen dieses Gartens dufteten so wundersam, daß Kranke von dem Dufte genasen und Betrübte getröstet wurden, wenn sie nur in die Nähe des übrigens unsichtbaren Gartens kamen. Der Garten hatte nicht Zaun, nicht Mauer mit Gatter - mit seidenen (nach ändern mit güldenen) Fäden war er abgegrenzt. Die Nachtigallen sangen in ihm beständig nur das Lieblichste, und wenn den Rosengarten auch kein König mehr pflegt, die heimische Sage pflegt ihn unsterblich fort.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 256.